Interview mit Emil Zátopek
„Olympiasieger und Weltrekordler, Schwejk und Weltmann“ – so sah ihn die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 20.9.97. Und kein anderer Läufer erfreute sich solcher Popularität wie er. Emil Zátopek schrieb Sportgeschichte.
Intervalltraining ganz neu
Emil Zátopek kam am 19.9.1922 im tschechischen Kopřivnice als sechstes Kind einer neunköpfigen Familie eines Tischlers zur Welt. Nach dem Abitur absolvierte er ein Chemie-Studium, sein ganzes Interesse galt aber dem Sport. Seine Begabung als Läufer stellte er als 19-Jähriger fest und begann intensiv zu trainieren. Dabei revolutionierte er seine Trainingsmethode – er intensivierte das sogenannte Intervalltraining durch hohe Wiederholungszahlen in völlig neue Dimensionen. Diese neue Methode sollte auch bald erste Früchte tragen.
Emil und die Rekorde
Nach dem Zweiten Weltkrieg – Zátopek war inzwischen Reserveleutnant der Armee – nahm der Läufer 1948 an den Olympischen Spielen teil. Und der Erfolg war enorm: Emil Zátopek kam mit zwei Medaillen nach Hause. Er siegte im Lauf über 10.000 Meter und wurde Zweiter auf über 5.000 Meter. Es war der Beginn einer jahrelangen Karriere eines Ausnahmesportlers. Dieser Erfolg brachte ihm auch die Beförderung zum Oberleutnant ein. Insbesondere im Jahr 1952 bewies Emil Zátopek seine Weltklasse: bei den Laufwettbewerben über 5.000 m, 10.000 m und beim Marathon gewann er die Goldmedaille. Auch bei den Europameisterschaften war er nicht zu stoppen. 1950 holte er zwei Mal Gold, 1954 Gold und Bronze. Und ständig stellte er neue Rekorde auf. So war er etwa der erste Läufer, der die Strecke von 20 km unter einer Stunde absolvierte. Insgesamt stellte Emil Zátopek 18 Weltrekorde auf. Die schon oben zitierte „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb anlässlich des 75. Geburtstages von Emil Zátopek: „Die ‚Lokomotive‘ stampfte, keuchte, fauchte…“. Es handelte sich um den eigenartigen Laufstil des Athleten, der ihm den Beinamen „die tschechische Lokomotive“ einbrachte. Inzwischen war er auch zum Oberst der tschechischen Armee befördert worden, doch es sollte eine Wende im Leben von Emil Zátopek eintreten.
Emil der Dissident
Emil Zátopek, der 1957 seine aktive Sport-Laufbahn beendete, fand eine sichere Anstellung im Verteidigungsministerium. Doch die Ereignisse des „Prager Frühlings“ gingen auch an ihm nicht spurlos vorbei. Beim Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in Prag im August 1968 soll er in seiner Uniform auf einen Panzer geklettert sein und die Soldaten aufgefordert haben, nach Hause zu gehen. Er war auch einer der Mitunterzeichner des "Manifests der 2.000 Worte", das von dem Schriftsteller Ludvík Vaculík verfasst wurde und zu den Schlüsseldokumenten des „Prager Frühlings“ gehörte. Als Konsequenz wurde Emil Zátopek degradiert und von dem Posten im Ministerium entlassen. Er schlug sich dann als Arbeiter durch, bis er 1974 rehabilitiert wurde und wieder ins Ausland reisen durfte. Emil Zátopek war schon zu Lebzeiten eine vielfach ausgezeichnete Legende, die 1999 zum "Sportler des Jahrhunderts" gekürt wurde. Später sollte auch ein Schnellzug der tschechischen Bahn nach ihm benannt werden. Emil Zátopek starb am 22.11.2000 (nach anderen Angaben am 21.11.2000) in Prag.
Im Oktober 1968 sprach DW-Redakteur Kurt Brumme mit Emil Zátopek und seiner Frau Dana Zátopkova, einer Speerwerferin, über ihre Sporterfolge.
Autor: Andreas Zemke
Redaktion: Diana Redlich