Afrika und der Handelsstreit
Investoren und Handelspartner geben sich in Afrika derzeit die Klinke in die Hand. Mitte Juni luden die USA zum US-Afrikanischen Wirtschaftsgipfel in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo, um "die widerstandsfähige und nachhaltige Partnerschaft zwischen den USA und Afrika" - so lautete das Gipfelmotto - zu fördern. Dabei präsentierten die USA auch ihre neue "Prosper Africa"-Initiative, die Handel und Investitionen verbessern soll.
Nur wenige Tage später betonte auch Peking die guten Beziehungen zu Afrika. Gemeinsame Projekte müssten nachhaltig sein, sagte Außenminister Wang Yi in dieser Woche und wies Kritik zurück, China würde afrikanische Länder mit Krediten in die Schuldenfalle treiben. Solche Vorwürfe zeugten von einem fehlenden Verständnis der "wahren Freundschaft zwischen China und Afrika", so Wang.
Wettrennen um Marktzugang
"China, die USA und zu einem gewissen Grad auch Europa liefern sich einen Wettbewerb, um ihre Wirtschaftsbeziehungen zu Afrika zu stärken", sagt Giovanni Valensisi, auf Afrika spezialisierter Ökonom bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) in Genf. "Damit wollen sie auch ihre Chancen auf dem afrikanischen Markt verbessern, der sich durch eine junge Bevölkerung und dynamisches Wachstum auszeichnet."
Die stellvertretende US-Handelsministerin Karen Dunn Kelley gibt die Ambitionen der USA offen zu. "US-Exporte nach Afrika sind seit ihrem Höchststand im Jahr 2014 um 32 Prozent zurückgegangen", sagte sie beim Gipfel in Maputo. "Wir wollen diesen Trend umkehren."
Das Interesse kommt nicht von ungefähr, denn Ende Mai wurde endlich die kontinentale afrikanische Freihandelszone (AfCFTA) auf den Weg gebracht. Das derzeitige Klima von Handelskonflikten und Protekionismus habe den Afrikanern noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig dieses Abkommen ist, glaubt Unctad-Ökonom Valensisi.
"Es gehört ja zu den strategischen Zielen der afrikanischen Freihandelszone, die Länder des Kontinents besser gegen solche Situationen zu wappnen", so Valensisi zur DW. "Je stärker der inner-afrikanische Markt zusammenwächst, desto besser ihre Verhandlungsposition gegenüber den Großmächten USA und China."
Abhängig von Chinas Rohstoffhunger
So ganz gefahrlos ist die Position der Afrikaner allerdings nicht. Denn der Handelsstreit mit den USA dämpft das chinesische Wirtschaftswachstum, und je weniger China wächst, desto geringer ist seine Nachfrage nach den Rohstoffen, die es aus Afrika einkauft, darunter Öl, Eisenerz oder Metalle.
Allerdings hält sich dieser Effekt derzeit in Grenzen, sagt Klaus-Jürgen Gern vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). "Wir sehen an den Preisen auf den Rohstoffmärkten, dass es gegenwärtig keine krisenhafte Entwicklung gibt", so der Forscher zur DW. "Die Preise sind von den Spitzenwerten Anfang 2018 etwas zurückgegangen. Aber sie liegen deutlich über den Niveaus von 2016, als weltweit die Rohstoffpreise eingebrochen sind."
Auch ein weiteres Risiko hält Gern für gering - dass nämlich die afrikanischen Länder gezwungen sein könnten, sich für eine Seite zu entscheiden, also entweder mit den USA oder mit China Geschäfte zu machen. Gern sieht keine Anzeichen dafür, dass China einen solchen Kurs fährt. "Und die Amerikaner würden sich wahrscheinlich sehr schwer tun, wenn sie gegen die starke Präsenz der Chinesen jetzt mit einem Ausschließlichkeitsanspruch antreten würden."
Die Afrikaner wären also gut beraten, sich jetzt auf die rasche Umsetzung ihrer kontinentalen Freihandelszone zu konzentrieren. Hier wartet noch viel Arbeit, aber die Chancen sind gewaltig. Derzeit handeln afrikanische Länder kaum mit ihren Nachbarn auf dem Kontinent, ganz im Gegensatz zu Europäern oder Asiaten.
Ziel: Mehr Wertschöpfung
Schon die Übergangsphase zu einer wirklichen Freihandelszone mit 1,3 Milliarden Menschen könnte den inner-afrikanischen Handel um 33 Prozent erhöhen, heißt es in einem neuen Bericht der Unctad. "Ich sehe derzeit einen starken politischen Willen, den es vorher nicht gab", so Giovanni Valensisi, der den Bericht mitverfasst hat. Jetzt müssten klare und einfache Regeln aufgestellt werden, um den Handel mit afrikanischen Produkten einfacher und günstiger zu machen.
Auch die notorisch schlechte Infrastruktur muss verbessert werden. "Die wirtschaftlichen Zentren müssen ja auch miteinander verbunden sein, damit sie miteinander Handel treiben können", sagt Klaus-Jürgen Gern vom IfW. "Hier können die Chinesen mit ihren Investitionen eine Hilfe sein, aber das geht nicht von heute auf morgen."
"Allerdings führt Handel nicht automatisch zu nachhaltiger Entwicklung für alle und auch nicht zu mehr Arbeitsplätzen", so der Unctad-Bericht. Um das zu erreichen, müssten die afrikanischen Länder eigene Wertschöpfungsketten aufbauen. Denn derzeit ist immer noch Alltag, was der Unctad-Bericht am Beispiel Kakao beschreibt.
"Westafrikanische Kakao-Produzenten exportieren unbehandelte Kakaobohnen außerhalb des Kontinents, während Schokoladenhersteller in Ägypten und Südafrika die Kakaobutter und andere Zutaten von außerhalb Afrikas importieren müssen." Ähnliches sei bei vielen Rohstoffen zu beobachten, so der Bericht. "Die kontinentale Freihandelszone könnte dazu beitragen, das zu ändern."