Ägypten - mit oder ohne Parlament?
10. Juli 2012Die jüngste Entscheidung des ägyptischen Verfassungsgerichts dürfte die Gräben zwischen dem neuen ägyptischen Staatschef Mohammed Mursi und dem mächtigen Militärrat weiter vertiefen. Nachdem nur wenige Stunden zuvor die Abgeordneten zu einer kurzen Parlamentssitzung in Kairo zusammengekommen waren (Artikelbild), hoben die Richter Mursis umstrittenes Dekret wieder auf. Er hatte die Abgeordneten für diesen Dienstag zusammengerufen und sich damit offen gegen Verfassungsgericht und Militärrat gestellt.
Das Verfassungsgericht verfügte auch, dass sein eigenes Urteil zur Rechtmäßigkeit der Parlamentswahl umzusetzen sei. Die Richter hatten Ende Juni entschieden, dass die Wahl ungültig war, weil sich Parteimitglieder um Direktmandate beworben haben, die eigentlich für unabhängige Kandidaten reserviert waren. Daraufhin hatte der Militärrat das Parlament, in dem die Muslimbrüder die meisten Abgeordneten stellen, aufgelöst. Bis zu seiner Wahl zum Präsidenten gehörte auch Mursi den Muslimbrüdern an.
Warnung vor "Demokratievakuum"
Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte angesichts dieses Machtkampfes vor einem Rückschlag für die Demokratie. Die deutsche Regierung wolle zwar nicht als Vermittler in einem Streit zwischen ägyptischen Institutionen eingreifen, sagte Westerwelle während seines Besuchs in Kairo. "Aber uns ist es wichtig, dass im Wissen auch um die große Verantwortung für die Zukunft Ägyptens bald eine gute Lösung gefunden wird und dass kein Demokratievakuum entsteht."
Westerwelle war am Dienstag auch mit Mursi zusammengekommen, dem er sein Vertrauen aussprach. Mursi sei jemand, der auf Rechtsstaatlichkeit, Pluralität und auch auf religiöse Toleranz setze, sagte Westerwelle.
wa/qu (dpa, afp, rtr)