20 Millionen Impfungen gegen Polio
8. November 2013Mehr als 20 Millionen Kinder sollen im Bürgerkriegsland Syrien und angrenzenden Staaten gegen die gefährliche Infektionskrankheit Polio, auch als Kinderlähmung bekannt, geimpft werden. Das teilten Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Kinderhilfswerkes (UNICEF) mit. Die WHO hatte Ende Oktober mehrere Fälle von Kinderlähmung in Syrien bestätigt, wo die Krankheit bislang seit 1999 als ausgerottet galt. Die Massenimpfung läuft bereits seit einer Woche. Laut den Vereinten Nationen handelt es sich um die bisher größte Impf-Kampagne dieser Art: In sieben Ländern sollen mehr als 20 Millionen Kinder immun gemacht werden.
Von Syrien nach Europa
Nach UN-Angaben waren in den vergangenen zwei Jahren wegen der unsicheren Lage in dem Bürgerkriegsland eine halbe Million Kinder nicht gegen die hochansteckende Krankheit geimpft worden. Das stellt nach Einschätzung deutscher Wissenschaftler auch für Europa eine Gefahr dar. Der Kontinent sei gefährdet, da einige Länder, wie beispielsweise Bosnien-Herzegowina oder die Ukraine, eine niedrige Polio-Impfrate aufwiesen, schreiben Martin Eichner (Universität Tübingen) und Stefan Brockmann (Kreisgesundheitsamt Reutlingen) in der britischen Fachzeitschrift „The Lancet“.
Eichner und Bockmann sehen Europa auch deshalb nicht vollauf gegen Polio gewappnet, weil die meisten Länder einen abgeschwächten Impfstoff mit weniger Nebenwirkungen verwendeten. Zusätzlich zur Impfung syrischer Flüchtlinge seien umfassendere Schutzmaßnahmen nötig, so die Wissenschaftler weiter. So müsse in Gegenden mit vielen syrischen Flüchtlingen eine regelmäßige Untersuchung der Abwässer auf das Polio-Virus in Erwägung gezogen werden.
Das Polio-Virus befällt das Nerven-System und kann innerhalb von wenigen Stunden zur Lähmung des gesamten Körpers bis hin zum Tod führen. Übertragen wird der Erreger durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Kinderlähmung ist in Pakistan, Afghanistan und Nigeria ein weit verbreitetes Problem.
ch/wl (rtr, afp)