30 Jahre für "Angriff auf die Verfassung"
12. Februar 2010Für den Verurteilten selbst wird sich nach dem Richterspruch vom letzten Dienstag (10. Februar 2010) kaum etwas ändern. Juan María Bordaberry verbüßt bereits eine 30-jährige Haftstrafe. 2006 war er der Verantwortung für den Tod beziehungsweise das Verschwinden mehrerer Oppositioneller für schuldig befunden worden. Aufgrund seines Alters und gesundheitlichen Zustands lebt der 81-Jährige seit 2007 in seinem Privatwohnsitz unter Hausarrest.
In der neuen Urteilsbegründung werden noch einmal zwei Morde und die Beteiligung an neun weiteren gewaltsamen Entführungen aufgeführt. Außerdem ist die Rede von einem "Angriff auf die Verfassung".
Symbolische Bedeutung
Die Entscheidung der Richter besitze vor allem einen "hohen symbolischen Wert", sagte Hebe Martínez Burlé, Vertreterin der Anklage, gegenüber dem uruguayischen Radiosender El Espectador. "Es geht uns vor allem darum zu zeigen, dass jemand, der die Verfassung verletzt und einen Staatsstreich begeht, früher oder später dafür zur Rechenschaft gezogen wird."
Bordaberry war 1972 auf demokratischem Weg zum Präsidenten gewählt worden. 1973 löste er das Parlament auf und errichtete eine Militärdiktatur, an deren Spitze er sich drei Jahre halten konnte. Das autoritäre Regime dauerte noch bis 1985 an.
"Folterkammer Lateinamerikas"
Unter seiner Regierung erhielt Uruguay den Ruf als "Folterkammer Lateinamerikas". Das Militärregime wird für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht. Über 40 000 Menschen wurden während der Militärdiktatur verhaftet, die meisten gefoltert und viele getötet. Das Schicksal von knapp 200 Männern und Frauen ist bis heute ungewiss.
Für die Angehörigen der Opfer ist das Urteil ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur rechtlichen Aufarbeitung der uruguayischen Vergangenheit. Denn oft erschwert das so genannte Verfallsgesetz die Anklage von ehemaligen Militärs. Das Gesetz beinhaltet zwar keine generelle Amnestie, aber es überlässt der Regierung die Entscheidung darüber, wann die Justiz tätig werden kann. Im Oktober 2009 verfehlte ein Referendum über die Annullierung des Verfallsgesetzes knapp die nötige Mehrheit.
Autorin: Julia Belke (epd, dpa, rtr)
Redaktion: Sven Töniges