400 Flüchtlinge nach Nigeria zurückgebracht
6. Dezember 2017Einige knieten nieder, berührten mit der Stirn den Boden ihrer Heimat und beteten. Bei der Ankunft auf dem Flughafen in der Metropole Lagos spielten sich herzzerreißende Szenen ab. Auf dem Weg nach Europa waren die Nigerianer im nordafrikanischen Libyen gestrandet und wurden nun zurücktransportiert. Einige berichteten von brutalem Missbrauch und Todesängsten in den Lagern Libyens.
Insgesamt wurden mehr als 400 dort festsitzende Migranten von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) nach Hause geflogen. Eine Gruppe von rund 260 Migranten landete am Mittwoch in Lagos, knapp 150 weitere seien bereits am Dienstag angekommen, erläuterte der Sprecher der nigerianischen Katastrophenschutzbehörde, Ibrahim Farinloye.
Die Rückführung der Nigerianer ist Teil eines internationalen Plans, noch bis Jahresende 15.000 Migranten aus Libyen in Sicherheit zu bringen. Dort warten nach Schätzungen der IOM noch weitere knapp 2800 Nigerianer in den Lagern. Insgesamt sitzen demnach zwischen 700.000 und einer Million Migranten fest, die den Weg durch die Sahara geschafft haben und auf eine Überfahrt nach Europa warten. Sehr viele von ihnen stammen aus Westafrika.
Die IOM hat dieses Jahr bereits rund 14.000 Menschen aus Libyen ausgeflogen. Viele der Migranten leben im weitgehend rechtlosen Libyen unter erschreckenden Bedingungen. Berichte über Sklavenhandel mit afrikanischen Migranten hatten zuletzt die internationale Gemeinschaft erschüttert und zu einem Evakuierungsplan für ausreisewillige Migranten motiviert.
Zusagen der Europäer
Angesichts der menschenverachtenden Zustände in Flüchtlingslagern und Gefängnissen hatte eine Reihe von Ländern beim jüngsten EU-Afrika-Gipfel in Abidjan beschlossen, insbesondere die Opfer von Menschenhändlern aus dem Land herauszuholen. Zudem solle die Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten verstärkt werden, um gegen Schlepperbanden vorzugehen, hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärt.
Deutschland will die Pläne finanziell unterstützen. An diesem Donnerstag wird der libysche Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Berlin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet. Von den Grünen kam scharfe Kritik an der Strategie der Bundesregierung.
Kritik an Regierungen Deutschlands und Libyens
Mit Blick auf die Berichte über Sklavenhandel in Libyen sagte die Grünen-Außenpolitikerin Franziska Brantner der Nachrichtenagentur AFP, "die Bundesregierung hätte die Tragödie in Libyen viel früher auf dem Schirm haben müssen". Brantner forderte, die Botschaft an al-Sarradsch müsse sein: "Schluss mit Elend, Folter und Versklavungen in den Flüchtlingslagern, Schluss mit der Kumpanei mit Menschenhändlern und sofortiger Zugang für internationale Hilfsorganisationen." Sie kritisierte die europäischen Ausrüstungshilfen für "eine fragwürdige sogenannte Küstenwache in Libyen", die Bootsflüchtlinge "in diese KZ-ähnlichen Lager schafft".
SC/qu (afp, APE, dpa, KNA)