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88 Häftlinge gefährden US-afghanisches Verhältnis

Esther Felden2. Januar 2014

Die Warnungen aus Washington verpufften: Afghanistans Regierung hält an dem Plan fest, mutmaßliche Extremisten aus dem Militärgefängnis Bagram freizulassen. Das belastet die ohnehin angeschlagenen Beziehungen weiter.

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Ein mit Stacheldraht gesicherter Gang auf dem Außengelände des Militärgefängnisses Bagram (Foto: MASSOUD HOSSAINI/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images

Dave Lapans Urteil ist eindeutig: Für den Sprecher der US-Truppen in Afghanistan sind die 88 Gefangenen, um die es geht, "gefährliche Individuen" aus den Reihen der Taliban und des Terrornetzwerks Al Kaida. Nach US-amerikanischer Einschätzung geht von den Häftlingen eine Gefahr aus, daher müssten die Männer dem "offiziellen afghanischen Justizsystem" übergeben werden.

Die afghanische Kommission zur Prüfung der Inhaftierungen allerdings kommt zu einem anderen Urteil. Man habe die amerikanische Seite in Gesprächen darauf hingewiesen, dass "die erhobenen Vorwürfe gegen die Beschuldigten mit handfesten Beweisen belegt werden müssten", so Kommissionsmitglied Abdul Shakoor Dadras gegenüber der Deutschen Welle. "Behauptungen allein sind nicht ausreichend, um die Leute festzuhalten." Das könne er gegenüber der afghanischen Bevölkerung nicht verantworten, so Dadras weiter.

Konflikt mit Vorgeschichte

Schon seit Monaten sorgt das Thema für Streit zwischen den Regierungen beider Länder. Im März 2013 hatten die USA die Verantwortung für das Militärgefängnis in Bagram den Afghanen übertragen. Kurz darauf wurde die Freilassung von 648 Häftlingen beschlossen – von denen nur noch die betroffenen 88 einsitzen.

Ex-Häftling geht mit gesenktem Kopf und auf die Brust gepressten Entlassungspapieren durch ein Drehkreuz (Foto: AP/Anja Niedringhaus)
Einer der freigelassenen Häftlinge beim Verlassen des Gefängnisses im März 2013Bild: picture-alliance/AP

Zu Unrecht, meint Abdul Shakoor Dadras. "Nach unserer Prüfung wurden die Akten der Beschuldigten nicht nach den gültigen afghanischen Gesetzen angelegt." Daher seien sie rechtlich auch nicht gültig." Abdul Ghafoor Liwal, Leiter des afghanischen Zentrums für Regionalstudien in Kabul, interpretiert die geplante Freilassung als Botschaft Kabuls an islamische Extremisten. "Afghanistan möchte den Friedensprozess in Gang bringen. Und mit diesem Schritt will die Regierung den Taliban andeuten, dass sie es ernst meint mit Friedensgesprächen", so Liwal im Gespräch mit der DW. Um eine Lösung in dem andauernden Konflikt zwischen Washington und Kabul zu finden, sei es wichtig, dass die Sicherheitsorgane beider Länder "Informationen und Beweismittel über die Verdächtigen austauschen". Erst dann könne man auch verhindern, dass "tatsächliche Terroristen" freigelassen würden.

Der afghanische Verteidigungsminister Bismillah Muhammadi (r.) hisst bei dre offiziellen Übergabezeremonie am 25. März die afghanische Flagge ( Foto: EPA/S. SABAWOON (c) dpa - Bildfunk)
Im März 2013 übernahmen die Afghanen die Verantwortung über das MilitärgefängnisBild: picture-alliance/dpa

Schlüsselmoment für die bilateralen Beziehungen?

Worte, die in den USA auf wenig Verständnis stoßen dürften. Denn auf amerikanischer Seite lässt man keinen Zweifel daran, wie sehr das Thema das ohnehin durch ein auf Eis liegendes Sicherheitsabkommen angeschlagene Verhältnis beider Länder zusätzlich belastet. Die Freilassung der Gefangenen würde für den Beziehungen "irreparablen Schaden" zufügen, so der republikanische Senator und Militärexperte Lindsay Graham bei einem Besuch der amerikanischen Botschaft in Kabul an diesem Donnerstag (02.01.2014).

Seinen Worten zufolge sind die 88 Männer verantwortlich für den Tod von 60 NATO-Soldaten sowie 57 Afghanen. "Sollte es tatsächlich zur Freilassung kommen, hätte das unglaublich negative Folgen für die Zukunft der Beziehungen zwischen dem amerikanischen Volk und der afghanischen Regierung."

Durchbruch bei Sicherheitsabkommen?

Allerdings: John McCain, ebenfalls republikanischer US-Senator und mit dabei beim Besuch Kabul, schürte neue Hoffnungen darauf, dass es in Kürze doch noch eine Einigung im Ringen um das geplante Sicherheitsabkommen geben könnte. Nach einem Gespräch mit dem scheidenden afghanischen Präsidenten Hamid Karsai gab er sich diesbezüglich optimistisch. Er habe den Eindruck, dass die Differenzen soweit ausgeräumt seien, dass es "schon sehr bald eine Lösung" geben könnte.

John McCain (l.) und Lindsay Graham (m.) bei ihrer Pressekonferenz in Kabul (Foto: Hussain Sirat / DW)
Die US-Senatoren John McCain (l.) und Lindsay Graham (m.) am 2.Januar bei ihrer Pressekonferenz in KabulBild: DW

Die USA fürchten, dass Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen im Chaos versinkt und drängen daher auf eine schnelle Unterzeichnung des Abkommens. Die Vereinbarung ist auch Voraussetzung für internationale Hilfe des Westens. Bislang hatte Karsai seine Unterschrift unter die Vereinbarung verweigert, er wollte sie seinem Amtsnachfolger überlassen, der im April gewählt wird.