Ab jetzt lebt die Welt ökologisch auf Pump
29. Juli 2019Das Global Footprint Network errechnet den Erdüberlastungstag, auch Welterschöpfungstag, jedes Jahr. Nach seinen Angaben rückt dieser Tag immer weiter vor. 1971, im ersten Jahr des globalen Überkonsums, fiel er noch auf den 21. Dezember. Im vergangenen Jahr hatte er am 1. August gelegen. In diesem Jahr ist er erstmals in den Juli vorgerückt, und zwar auf den 29. Juli.
Der Erdüberlastungstag bedeutet, dass die Menschheit zu diesem Zeitpunkt so viele Ressourcen von der Erde beansprucht hat, wie alle Ökosysteme im gesamten Jahr erneuern können. Die Gesamtheit der Menschen verbraucht also Jahr für Jahr mehr Acker- und Weideland, Fischgründe und Wald, als ihr rechnerisch zur Verfügung steht. Und sie stößt weit mehr CO2-Emissionen aus, als die Wälder und Ozeane der Welt aufnehmen können.
Die international tätige Nachhaltigkeitsorganisation mit Sitz im kalifornischen Oakland erklärte, die Kosten dieses Verbrauchs würden immer stärker sichtbar, etwa durch Abholzung, Bodenerosion, den Verlust von Artenvielfalt oder den Anstieg von CO2 in der Erdatmosphäre.
Große regionale Unterschiede
Der Erdüberlastungstag ist dabei ein globaler Durchschnittswert - von Land zu Land gibt es beim Ressourcenverbrauch gewaltige Unterschiede. Die Umweltschutzorganisation WWF erklärte, im Emirat Katar sei der Überlastungstag bereits nach 42 Tagen erreicht, in Indonesien dagegen erst nach 342 Tagen. Deutschland hatte seine natürlich verfügbaren Ressourcen für 2019 bereits am 3. Mai aufgebraucht.
Rein rechnerisch beansprucht die Weltbevölkerung nach Angaben der Umweltorganisationen mittlerweile 1,75 Erden. Würden alle Menschen leben wie die Deutschen, wären drei Erden notwendig. Hätten alle Menschen den gleichen Ressourcenverbrauch wie US-Bürger, wären ganze fünf Erden nötig.
In Deutschland tragen vor allem die hohen CO2-Emissionen in den Bereichen Strom, Verkehr und industrielle Landwirtschaft sowie der große Flächenbedarf zur Überlastung der Erde bei. Die CO2-Emissionen seien seit 2009 nicht gesunken; das Festhalten an der Kohle verzögere eine Senkung der Emissionen.
Öko-Sünder Verkehr
Als besonders problematisch sehen die Autoren der Studie die Lage im Verkehrssektor: Seit 1990 seien die Emissionen im Straßenverkehr nicht gesunken und im Flugverkehr deutlich gestiegen. Auch der Energieverbrauch pro Kopf sei höher als im EU-Durchschnitt und habe sich in den letzten Jahren nur geringfügig reduziert. "Bei den Wachstumsraten der erneuerbaren Energien besteht in Deutschland noch Verbesserungspotenzial." Auch die versiegelte Fläche in Deutschland wachse, kritisieren die Umweltorganisationen. Von 1992 bis 2017 habe sie um mehr als 22,8 Prozent zugenommen.
"Weltweit und auch hierzulande werden die gravierenden Folgen der Übernutzung und der Klimakrise immer sichtbarer", erklärten Germanwatch, das Global Footprint Network und weitere Umweltorganisationen. Die Bundesregierung müsse mit einem Klimaschutzgesetz und einem CO2-Preis noch in diesem Jahr gegensteuern sowie wirkungsvolle Anreize zur Ressourcenschonung setzen.
Müller: "Klimaschutz ist Überlebensfrage"
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) erklärte, der Klimaschutz sei eine Überlebensfrage der Menschheit. Er verlangte mehr Investitionen in den internationalen Klimaschutz. "Vor allem Afrika muss zum grünen Kontinent der erneuerbaren Energien werden." Dafür sei unter anderem ein Technologieförderprogramm für erneuerbare Energien nötig.
Auch das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor forderte einen grundlegenden Wandel. Deutschland verbrauche von dem, was der gesamten Erde als Gemeinwohl gehöre, "wesentlich mehr, als uns zusteht", sagte Misereor-Chef Pirmin Spiegel der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
kle/se (afp, kna)