Abfall im Tank
17. Februar 2010Die Produktion von Treibstoffen aus Nahrungsmitteln ist teuer, trägt vergleichsweise wenig zum Klimaschutz bei und treibt die Nahrungsmittelpreise nach oben - so lautete das Fazit einer OECD-Studie aus dem Jahr 2008. Doch welche Alternativen gibt es? Schließlich wächst der weltweite Hunger nach Energie ständig. "In unseren Projektionen wächst der Anteil von Biokraftstoffen im Transportsektor von momentan 1,7 Prozent auf über neun Prozent im Jahr 2030 an", sagt Didier Houssin von der Internationalen Energieagentur (IEA).
Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, eine nachhaltige Entwicklung der Biokraftstoffproduktion sicherzustellen. "Das ist insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern von außerordentlicher Bedeutung“, so Houssin, denn in diesen Ländern fällt ein Großteil der weltweiten Abfälle in der Land- und Forstwirtschaft an. Auch daraus lassen sich Diesel, Ethanol oder synthetisches Gas herstellen - so genannte Biokraftstoffe der zweiten Generation.
Abfälle gibt es genug
Der Vorteil: ihre Produktion steht nicht in Konkurrenz zur Produktion von Nahrungsmitteln, sondern ergänzt diese. Außerdem ist der Rohstoff Abfall schon jetzt im Überfluss vorhanden, wie Anselm Eisentraut von der IEA sagt, der im Auftrag der OECD untersucht hat, welche Potenziale die neuen Biokraftstoffe bergen. "Momentan könnte mit zehn Prozent der verfügbaren land- und forstwirtschaftlichen Reststoffe ungefähr das Doppelte der aktuellen Biokraftstoffproduktion bereitgestellt werden, wenn die Technologie wirklich kommerziell und in großem Maße vorhanden wäre."
125 Milliarden Liter Diesel oder 170 Milliarden Liter Ethanol pro Jahr aus nur zehn Prozent der verfügbaren Nussschalen, Reis-, Getreide- oder Holzabfälle - das hört sich verlockend an. Doch die Technik funktioniert bislang nur in Versuchs- und Pilotanlagenanlagen. In den USA wird im nächsten Jahr eine kommerzielle Anlage anlaufen, die ungefähr 100 Millionen Liter pro Jahr produzieren wird. Auch in Brasilien gibt es eine Demonstrationsanlage, ebenso in Indien und China. "Die Entwicklung der Technologie ist schon an einem bestimmten Punkt angekommen, allerdings noch nicht auf kommerzieller Größe", sagt Anselm Eisentraut. Das kann - je nachdem, welche wirtschaftlichen Anreize auch die Politik setzen wird - noch 15 bis 20 Jahre dauern.
Chance für Schwellen- und Entwicklungsländer
Diese Zeit wird allerdings auch gebraucht, um in Schwellen- und insbesondere in den Entwicklungsländern nicht nur die notwenige Infrastruktur für die Erzeugung des Kraftstoffs zu schaffen, sondern auch eine nachhaltige Landwirtschaft zu etablieren. "Wir denken, dass die wirtschaftlichen Potenziale, die in den Biotreibstoffen der zweiten Generation stecken, natürlich auch eine Chance sind, den landwirtschaftlichen Sektor in den Entwicklungsländern besser zu entwickeln, produktiver zu machen und besser in die Weltmärkte zu integrieren," sagt Mike Enskat von der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, (GTZ).
Die Entwicklungsländer sollen aber auch deshalb schon frühzeitig in die Planungen mit einbezogen werden, um die Fehler zu verhindern, die bei der Entwicklung der Biokraftstoffe der ersten Generation gemacht wurden. Es müsse internationale Nachhaltigkeitsstandards für die Produktion von Biomasse geben und eine Zertifizierung der Kraftstoffe, um sowohl soziale als auch ökologische Standards sicherzustellen, so Enskat. Es gilt aber auch, eine erneute Konkurrenz bei der Beschaffung der Rohstoffe zu vermeiden. Denn in einigen Ländern werden Abfälle aus Land- und Forstwirtschaft bereits als Dünger oder zum Heizen verwendet. Noch nicht ausreichend geklärt sind außerdem mögliche ökologische Auswirkungen auf Nährstoffe im Boden und auf die Wasserressourcen.
Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Julia Elvers-Guyot