Abgeordnete sorgen sich um Pressefreiheit
17. März 2016"Wir, Abgeordnete des Deutschen Bundestags, sind in tiefer Sorge über die Situation in der Türkei", heißt es in dem Papier. Ihre Sorge betreffe "das Ende des Friedensprozesses und den Stand der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei". Das Vorgehen gegen eine kritische Berichterstattung im Fall des Chefredakteurs Can Dündar (der überregionalen Zeitung "Cumhuriyet") sowie des Hauptstadtkorrespondenten Erdem Gül "ist aus unserer Sicht zumindest unverhältnismäßig".
Der Brief wurde von Sevim Dagdelen (Linke), Frank Heinrich (CDU), Cansel Kiziltepe (SPD) und Tom Koenigs (Grüne) erstunterzeichnet.
Erdogan persönlich zeigt Reporter an
Die für Terrordelikte zuständige Staatsanwaltschaft wirft den beiden Journalisten Spionage, die Verbreitung von Staatsgeheimnissen und einen Umsturzversuch gegen die Regierung vor. Die Zeitung "Cumhuriyet" hatte aufgedeckt, wie der türkische Geheimdienst MIT Waffen an islamistische Rebellen in Syrien liefert und entsprechende Fotos veröffentlicht. Offiziell waren die Transporte als Hilfslieferungen deklariert worden.
Staatschef Recep Tayyip Erdogan persönlich stellte Strafanzeige gegen die Reporter. Die Anklage fordert lebenslange Haft. "Diese Maßnahmen von Justiz und Behörden der Türkei gegen Medien und Journalisten sind unvereinbar mit der Wahrung der Meinungs- und Pressefreiheit, zu der sich der türkische Staat wiederholt bekannt und verpflichtet hat", heißt es in dem Schreiben der deutschen Abgeordneten weiter. Man hoffe auf eine baldige Einstellung der eröffneten Verfahren sowie die dauerhafte bedingungslose Freilassung der beiden Journalisten.
Die Parlamentarier mahnten zudem, auch die anderen aus politischen Gründen inhaftierten Journalisten in der Türkei nicht zu vergessen. "Rechtsstaatliche Verfahren und die Gewährung der Presse- und Meinungsfreiheit können die türkische Gesellschaft nur stärken", betonen sie.
Prozess soll am 25. März in Istanbul beginnen
Can Dündar und Erdem Gül waren Ende November 2015 ins Gefängnis gekommen. Nach dreimonatiger Untersuchungshaft wurden sie vom türkischen Verfassungsgericht zunächst wieder auf freien Fuß gesetzt. Das Gericht entschied im Februar, die Inhaftierung von Dündar und Gül habe gegen ihre verfassungsmäßigen Rechte verstoßen. Erdogan kritiserte diesen Beschluss scharf. Am 25. März soll vor einem Gericht in Istanbul Anklage gegen die beiden Journalisten erhoben werden.
se/wl (afp, epd)