Der Handy-Gipfel
25. Oktober 2013Zurück an die Spitze! So könnte das Motto der Europäischen Union mit Blick auf die Informations- und Kommunikationstechnologie lauten. Nach Angaben von Teilnehmern des Gipfeltreffens in Brüssel forderten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, die Union müsse ihren in den 1990er Jahren noch vorhandenen Vorsprung auf diesem Gebiet zurückerobern.
Nach der NSA-Affäre und den jüngsten Spionagevorwürfen gegen die USA, die Bundeskanzlerin Merkel und weitere 35 Spitzenpolitiker weltweit abgehört haben sollen, einigten sich die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag auf eine Abschlusserklärung, die mehr Investitionen für digitale Technologien vorsieht. Außerdem sollen Merkel und der französische Staatschef François Hollande im Auftrag der EU mit den USA ein Geheimdienstabkommen ausarbeiten, sagte Ratspräsident Van Rompuy.
Digitale Vollendung
Nach dem Willen der Gipfelteilnehmer soll bis 2015 der digitale Binnenmarkt vollendet sein. Zuvor hatte Barroso kritisiert, dass der digitale Markt in der EU durch 28 unterschiedliche nationale Regelungen "völlig fragmentiert" sei.
"Es gibt eine dringende Notwendigkeit für einen einheitlichen Digital- und Telekommunikationsmarkt", heißt es in dem Abschlusspapier. Allerdings stößt der Vorschlag auf Widerstand unter anderem von nationalen Aufsichtsbehörden, die nur ungern Macht nach Brüssel abgeben wollen. Telekom-Firmen wiederum fürchten Umsatzeinbußen, wenn beispielsweise die Roaming-Gebühren für Telefonate im Ausland wegfallen.
Und beim Thema Datenschutz im IT-Bereich bremsen vor allem Großbritannien und Irland, weil dort etliche große amerikanische Firmen ihren Europa-Sitz haben.
Währungsunion und Flüchtlingspolitik
Auf der Tagesordnung des Gipfeltreffens stand auch die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion. Vor allem Deutschland drängt hier auf möglichst verbindliche Absprachen über eine Reihe von Politikfeldern.
"Ich bin der Überzeugung, dass wir im Rahmen der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft noch enger und koordinierter zzusammenarbeiten müssen als wir das jetzt tun, wenn wir eine gemeinsame Währung haben wollen, hatte Bundeskanzlerin Merkel vor dem Gipfel betont. Mit Entscheidungen wird jedoch erst auf dem Dezember-Gipfel gerechnet.
Zum Abschluss des zweitägigen Treffens debattierten die Staats- und Regierungschefs über die künftige EU-Flüchtlingspolitik. "Lampedusa muss ein Wendepunkt sein", mahnte Parlamentschef Martin Schulz mit Blick auf die Tragödie vor der italienischen Insel, bei der in diesem Monat mehr als 400 afrikanische Migranten ums Leben gekommen waren.
Nach dem Willen der Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, sollten Flüchtlinge schon in ihren Heimatstaaten in den Botschaften der EU-Staaten Asylanträge stellen können, um nicht die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer wagen zu müssen.
Die EU-Einwanderungspolitik war durch die Flüchtlingstragödie vor Lampedusa in die Kritik geraten. Während die Mittelmeer-Anrainer auf mehr Lastenteilung und Solidarität ihrer nördlichen Nachbarn pochen, wollen Deutschland und andere Länder das bestehende System nicht ändern.
mak/sc (dpa, rtr, afp)