Loveparade
1. August 2010Mit einer bewegenden Trauerfeier sprachen am Samstag (31.07.2010) Kirchenvertreter den Hinterbliebenen Trost zu. "Die Loveparade wurde zum Totentanz", sagte der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider. "Mitten hinein in ein Fest überbordender Lebensfreude hat der Tod uns allen sein schreckliches Gesicht gezeigt." Mit Blick auf das Verhalten der Verantwortlichen der Loveparade nach der Katastrophe erwähnte der evangelische Geistliche in seiner Predigt auch "Erwachsene, die wie versteinert Verantwortung von sich weg schieben".
Jesus habe die Menschen nicht vor dem Leid der Loveparade-Katastrophe bewahrt und er bewahre auch nicht vor vielem anderen Leid, sagte der Essener Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck. "Und doch heilt er und ist da: für die Toten, für die Verletzten, für die Trauernden, für die Fragenden und auch für diejenigen, die sich der Verantwortung stellen müssen", so der katholische Theologe.
Wulff regt Ombudsmann und Hilfsfonds an
An der Trauerfeier nahmen zahlreiche Vertreter aus Politik und Gesellschaft teil, darunter Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP).
Wulff schlug vor, zur Aufarbeitung der Katastrophe einen Ombudsmann einzusetzen und einen Hilfsfonds einzurichten. Den Angehörigen der Todesopfer könne so schnell und unbürokratisch geholfen werden, sagte der Bundespräsident der Zeitung "Bild am Sonntag".
Ministerpräsidentin sichert lückenlose Aufklärung zu
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sicherte den Hinterbliebenen lückenlose Aufklärung zu. Alle Opfer und Trauernde hätten Anspruch auf die Wahrheit. "Wie konnte das geschehen, wer ist schuld und verantwortlich? Diese Fragen müssen und werden aufgeklärt werden", sagte Kraft sichtlich bewegt. Zugleich dankte sie in ihrer kurzen Ansprache auch den Rettungskräften für ihren Einsatz. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte anlässlich der Feier für alle öffentlichen Gebäude in Deutschland Trauerbeflaggung angeordnet.
Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU), der als einer der politischen Verantwortlichen für die Katastrophe gilt, blieb dem Gottesdienst fern. Einen Rücktritt lehnt der CDU-Politiker trotz wachsenden Drucks und entsprechender Forderungen auch aus den Reihen seiner Partei bislang ab.
Bei Live-Übertragung weniger Trauergäste als erwartet
Zu den Gedenkveranstaltungen in der Stadt waren zahlreiche Polizeibeamte im Einsatz. Die Situation galt als angespannt, weil seit der Katastrophe schwere Vorwürfe gegen den Veranstalter der Loveparade und öffentliche Stellen laut wurden. Der Trauergottesdienst wurde auf Großleinwänden im Duisburger Fußballstadion und in zwölf weiteren Kirchen der Stadt übertragen. Statt der erwarteten zehntausenden Bürger fanden allerdings deutlich weniger Trauernde den Weg in das Stadion. Nach Angaben der Düsseldorfer Staatskanzlei versammelten sich dort rund 2600 Teilnehmer.
Auch zu dem Trauerzug, der am Nachmittag vom Duisburger Hauptbahnhof zum Unglücksort der Loveparade führte, kamen deutlich weniger Menschen als erwartet.
Beobachter werten die niedrige Besucherzahl jedoch nicht als Zeichen nachlassender Anteilnahme am Schicksal der Verstorbenen und ihrer Angehörigen. Sie sei vielmehr den besonderen Umständen der Tragödie geschuldet. "Sich eine Woche später wieder auf eine Massenveranstaltung zu begeben, mag bei vielen Leute Beklemmungen hervorgerufen haben", sagte der Medienpsychologe Jo Groebel der Nachrichtenagentur AP.
Vor einer Woche war es auf dem Technofestival in Duisburg zu einer Massenpanik gekommen. 21 Menschen starben. Es gab mehr als 500 Verletzte. Nach Medienberichten sollen am 24. Juli nur 150.000 Menschen bei der Loveparade auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs in Duisburg gewesen sein. Das Nachrichtenmagazin "Focus" beruft sich in einer Vorabmeldung auf interne Auswertungen der Polizei anhand von Luftaufnahmen. In den Berichten vor und nach der Tragödie war zunächst von bis zu 1,4 Millionen Besuchern die Rede gewesen.
Autor: Manfred Böhm / Ursula Kissel (dpa, rtr, afp, apn, epd)
Redaktion: Annamaria Sigrist