Abu Dhabi begnadigt britischen Forscher Hedges
26. November 2018Bei einer Pressekonferenz in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), gaben die Behörden bekannt, dass Hedges im Rahmen einer Generalamnestie begnadigt worden sei. Der Staatspräsident Khalifa bin Zayed Al Nahyan habe aus Anlass des Nationalfeiertages insgesamt 700 Häftlinge begnadigt, wie die staatliche Nachrichtenagentur WAM meldete. Hedges könne das Land verlassen, sobald die nötigen Formalitäten abgeschlossen seien. Die Behörden präsentierten bei dem Termin ein Video, das angeblich zeigt, dass Hedges einräumt, als Offizier für den britischen Geheimdienst MI-6 gearbeitet zu haben. Die Justiz gab mit der Entscheidung einem Gnadengesuch der Familie statt.
Der Doktorand Matthew Hedges war am Mittwoch von einem Gericht in Abu Dhabi wegen Spionage zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der 31 Jahre Forscher der englischen Universität Durham habe "ausländische Seiten mit sensiblen Sicherheits- und Geheimdienstinformationen versorgt", hieß es in der Begründung des Gerichts. Die Ermittler hatten bereits zuvor erklärt, der Brite habe seine akademische Forschung nur als Tarnung genutzt. Lebenslange Haft dauert in den Vereinigten Arabischen Emiraten bis zu 25 Jahre.
Hedges arbeitete in den VAE an einer Doktorarbeit über die Sicherheits- und Außenpolitik des Landes. Der Doktorand war Anfang Mai auf dem Flughafen in Dubai festgenommen worden, als er nach einem zweiwöchigen Aufenthalt wieder in die Heimat fliegen wollte. Nach Angaben der Ehefrau von Matthew Hedges lebte dieser "mehrere Jahre" in dem Golfstaat, bevor er 2015 nach Großbritannien zurückkehrte.
London bedankt sich
Der britische Außenminister Jeremy Hunt bedankte sich für die Begnadigung. "Tolle Neuigkeiten über Matthew Hedges", schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. Obwohl die britische Regierung die Vorwürfe gegen Hedges zurückgewiesen habe, sei sie der Regierung der Emirate "dankbar", die Angelegenheit schnell geklärt zu haben. Die Ehefrau von Hedges, Daniela Tejada, erklärte im Namen der Familie, sie begrüße die Meldung vom Gnadenerlass des Präsidenten. Sie könne es kaum erwarten, ihren Mann zu Hause begrüßen zu können.
Der Außenminister der Emirate, Anwar Gargasch, erklärte, nach der Begnadigung könnten sich beide Länder nun wieder auf den Ausbau ihrer Beziehungen konzentrieren. Die Vereinigten Arabischen Emirate hätten immer darauf gehofft, die Angelegenheit "über die gemeinsamen Kanäle unserer langjährigen Partnerschaft zu klären". Die "einfache Angelegenheit" sei trotz aller Bemühungen der Emirate "unnötig kompliziert" geworden.
Gnadengesuch in Abu Dhabi
Am Freitag hatte der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Großbritannien, Sulaiman Almasrui, im britischen Fernsehen, mitgeteilt, die Familie des 31-jährigen habe ein Gnadengesuch eingereicht. Der Botschafter des Landes sprach von einer "sehr ernsten" Angelegenheit. "Wir leben in einer gefährlichen Region. Die nationale Sicherheit muss unsere oberste Priorität sein", sagte Almasrui. Die Regierung seines Landes "diktiert den Gerichten nicht ihre Urteile". Hedges sei keineswegs "nach einem fünfminütigen Prozess schuldig gesprochen worden, wie einige berichten".
Der britische Außenminister Jeremy Hunt hatte sich am Donnerstag mit dem Botschafter getroffen. Auf Twitter berichtete er im Anschluss von einem "konstruktiven Gespräch". Die Emirate erklärten ihrerseits, sie hofften auf eine "einvernehmliche Lösung" und wollten "die strategische Beziehung zu einem der zentralen Verbündeten" bewahren.
Dagegen bekräftigte ein Regierungsvertreter am Montag, dass Hedges aus Sicht der Emirate schuldig sei. Er sei "hundertprozentig ein Geheimdienstagent" und sei wegen der Spionagevorwürfe schuldig gesprochen worden, sagte Dschaber al-Lamki vor Journalisten in Abu Dhabi. Hedges habe eingeräumt, Informationen über die Königsfamilie der Emirate, das Militär und dessen Beteiligung am Jemen-Krieg gesammelt zu haben.
HWR protestiert
Menschenrechtler hatten das Vorgehen gegen Hedges scharf kritisiert. Die VAE hätten ihn seit seiner Festnahme die meiste Zeit in Einzelhaft festgehalten und ihm lange juristischen Beistand verweigert. Der Fall zeige "das Gesicht einer autokratischen Regierung mit einem grundlegenden Mangel an Respekt vor dem Rechtsstaat", erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HWR).
Die Frau des Briten, Daniela Tejada, sprach in britischen Medien von einem "Alptraum, der nun noch schlimmer geworden ist". Der Gerichtstermin habe nur ganze fünf Minuten gedauert, kritisierte sie.
kle/sti (dpa, afp, ape)