Adam: "Wir wollen Leute gewinnen"
16. April 2013Deutsche Welle: Sie waren selbst als Journalist tätig. Welche Schlagzeile wäre Ihnen am Tag nach der Parteigründung zur AfD eingefallen?
Konrad Adam: Alternative zur sogenannten alternativlosen Politik der Kanzlerin.
Alternativlos findet die Kanzlerin auch den Euro als Gemeinschaftswährung. Im Gegensatz zu Ihnen. Haben Sie noch D-Mark-Stücke oder Scheine aufbewahrt?
Nein.
Aber Sie würden die D-Mark wieder gerne haben wollen. Sie selbst haben den Parteitag eröffnet mit den Worten: "Wir wollen Deutschland retten, aber nicht den Euro."
In unserem Wahlprogramm steht, dass wir zur Euro-Rettung eine sehr differenzierte Position einnehmen. Wir schlagen keine bestimmte Strategie vor. Wir sagen nur, dass der Zwangsverband aufgelöst werden muss. Wie das geschieht, wäre Verhandlungssache. Wir glauben, dass der Zwangsverband außerordentlich unerfreuliche Konsequenzen hat, nicht nur für Deutschland, sondern für die Südstaaten wie Griechenland oder Zypern. Im Unterschied zu den sogenannten Berufseuropäern denken wir an alle Staaten Europas. Wir sind froh, mit Bernd Lucke, Professor für Makroökonomie an der Universität Hamburg, einen solchen Fachmann an der Parteispitze zu haben. Auch der britische Premier David Cameron will, ähnlich wie wir, Verhandlungen über den Euro. Er setzt dafür eine Zeit von drei bis vier Jahren an. Und über das Ergebnis muss am Ende das Volk in einem Referendum entscheiden.
Sie üben auch Kritik an den "EU-Bürokraten" in Brüssel, dennoch hat sich die "Alternative für Deutschland" noch nicht eindeutig gegen die Europäische Union ausgesprochen. Halten Sie sich viele Optionen offen, um Euroskeptiker und Nationalisten als Wähler nicht abzuschrecken?
Wir wollen überhaupt keine Leute abschrecken, wir wollen Leute gewinnen. Natürlich treibt die technische Autokratie der Euro-Bürokraten in Brüssel absurde Konsequenzen. In den Südstaaten Europas wurden drei Autobahnen, parallel zueinander, gebaut oder kulturelle Begegnungsstätten in Gegenden, in denen kein Mensch wohnt und ähnliche Misswirtschaft betrieben. Das muss doch mal bilanziert und verändert werden.
Wo sehen Sie die AfD im Parteienspektrum?
Herr Lucke, einer unserer drei Sprecher, hat eindeutig gesagt: "Das klassische Ordnungsschema rechts-links, konservativ-progressiv, taugt nichts mehr." Ordnen sie nach diesem Schema die Parteien oder einzelne Persönlichkeiten ein, es wird Ihnen nicht gelingen. Wir sind dafür, die Missstände abzubauen, aber nicht so, wie es die bestehenden Regierungen gemacht haben, die von heute auf morgen einen rechtsgültigen EU-Vertrag außer Kraft gesetzt haben, wie im Mai 2010, als die Maastricht-Kriterien (Anm. d. Red.: Kriterien zur Gewährleistung der Staatsverschuldung und Preisstabilität) außer Kraft gesetzt wurden. Jahrzehntelang wurden die deutschen Wähler damit beruhigt, dass sie sich über die Währung keine Sorge zu machen brauchen, und dieses Versprechen wurde am 10. Mai 2012 gebrochen. (Anm. d. Red.: Die Staaten der Euro-Zone beschlossen ein Rettungspaket mit 750 Milliarden Euro an Garantien und Krediten bereitzustellen.) Diesen skandalösen Zustand wollen wir heilen.
Bei aller Differenzierung, so ziehen Sie doch Anhänger aus dem rechten Spektrum an. Sie haben selbst für die "Junge Freiheit" geschrieben, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Täte es der Partei nicht gut, sich von diesem Wochenmagazin zu distanzieren, um den Verdacht zu entkräften, für Stimmen Rechtsradikaler oder Rechtsextremer zu werben?
Dann raten sie das auch unserem ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog oder Egon Bahr, der rechten Hand des früheren SPD-Kanzlers Willy Brandts bei den Ost-Verträgen, Leuten, die ebenfalls in der "Jungen Freiheit" publiziert haben. Ich denke nicht daran, mich von der Tätigkeit zu distanzieren.
Sind Sie künftig die Stimme jener, für die die CDU zu sehr in die Mitte abgedriftet ist?
Die Mitte? Ich würde sagen, die CDU befindet sich auf dem Weg nach irgendwo. Ich kann keinerlei Profil bei dieser Partei erkennen. Jedenfalls nicht, seit Angela Merkel diese Partei führt.
Auf dem Parteitag haben Sie sich kritisch zur Zuwanderung geäußert?
Wir haben uns nicht pauschal gegen Zuwanderung ausgesprochen. Wir brauchen allerdings ein Konzept nach kanadischem Vorbild. Das steht im Wahlprogramm ausdrücklich drin.
Wie stellen Sie sich denn ihren typischen Wähler vor?
Den gibt es nicht. Wir werden oft als Professoren-Partei bezeichnet, haben aber Zulauf aus allen Bevölkerungsschichten. Wir haben zum ersten Mal die Situation, dass eine in der Bevölkerung weitverbreitete Unruhe im Parlament keinerlei Resonanz mehr findet. Wir wollen, dass diese Stimmung im Parlament zur Sprache kommt und kontrovers nach Stärken und Schwächen untersucht wird. Das ist der Sinn des Parlamentarismus. So verstehen wir Demokratie.
Konrad Adam gehört zum Vorstand der Partei "Alternative für Deutschland". Er hat Geschichte, Philosophie und Alte Sprache studiert und promoviert. Er hat mehrere Bücher verfasst und war als Journalist u.a. bei dpa (Deutsche Presseagentur), der Frankfurter Allgemeinen und der "Welt" tätig.
Das Gespräch führte Karin Jäger.