Wettlauf um Afrika
19. August 2008Spricht man mit Hans Meier-Ewert vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft, könnte man zunächst glauben, deutsche Firmen seien in Afrika gut vertreten. Mehr als 600 Unternehmen sind Mitglied in dem Verein, der sich die Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zum Ziel gesetzt hat. "Die Geschäfte laufen gut", sagt Meier-Ewert.
Mittelständische Unternehmen etablierten sich zunehmend in Nischen. So zum Beispiel die deutsche Medizintechnik, die einen führenden Namen habe. Und auch die Vorreiterrolle deutscher Unternehmen im Bereich der alternativen Energien werde genutzt, so Meier-Ewert.
Nur verkaufen, nicht investieren
Trotzdem: Der afrikanische Kontinent hat für die deutsche Wirtschaft nur eine geringe Bedeutung. Weniger als zwei Prozent der deutschen Exporte gehen nach Afrika, und dort vor allem in Mittelmeerländer wie Ägypten, Tunesien und Marokko oder in die Republik Südafrika, die größte Volkswirtschaft des Kontinents. Der große Rest der mehr als 50 Staaten spielt für Deutschland kaum eine Rolle.
Das zeigt auch die Situation von Dieter Grau, der für die Bundesagentur für Außenwirtschaft den afrikanischen Markt beobachtet. In Südafrika, Ägypten, Tunesien und Kenia hat die Bundesagentur feste Korrespondenten. Dieter Grau dagegen ist für gleich 24 Länder in West- und Zentralafrika zuständig – ein Spiegel ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Das deutsche Engagement in dieser Region sei sehr gering, erklärt Grau. "Die deutschen Unternehmen wollen in Afrika in erster Linie verkaufen. Aber kaum jemand will investieren."
China hat Vorteile
Andere Länder sind da weniger zurückhaltend. China etwa investiert viel in den afrikanischen Rohstoffsektor, nicht zuletzt mit dem Ziel, seinen eigenen Rohstoffhunger zu decken. Herr Meier-Ewert vom Afrika-Verein glaubt trotzdem nicht, dass deutsche Firmen die Entwicklung verschlafen. Viele deutsche Firmen würden die Chancen in Afrika kennen, sagt er. Allerdings sei es für chinesische Unternehmen in mancher Hinsicht einfacher auf dem afrikanischen Markt. So würden sie zum Beispiel staatsgeschützte und teilsubventionierte Finanzierungen mitbringen und hätten andere Gehaltsstrukturen als die deutschen Wettbewerber.
Ohne staatliche Garantien fällt es deutschen Unternehmen schwer, in Afrika zu investieren. Denn die Banken, durch die Kreditkrise ohnehin zurückhaltend bei der Kreditvergabe, sind beim Stichwort Afrika besonders vorsichtig.
Mobilfunkmarkt boomt
Selbst in profitträchtigen Geschäftsfeldern wie dem Mobilfunkmarkt spielen deutsche Unternehmen keine Rolle. Dabei habe der Mobilfunk den Firmen in den letzten Jahren unglaubliche Wachstumsraten beschert, sagt Grau von der Bundesagentur für Außenwirtschaft. "Sie können sich heute kaum noch eine afrikanische Familie vorstellen, in der nicht mindestens einer ein Handy hat." Im Mobilfunk gebe es derzeit Wachstumsraten von 100 und mehr Prozent. In Zukunft werde der Mobilfunkmarkt weiter boomen, aber wahrscheinlich nicht mehr mit ganz so großen Wachstumsraten, vermutet Grau.
Einige Firmen haben die Gelegenheit genutzt: Schon im Jahr 2000 hat sich die britische Firma Vodafone einen 40-Prozent-Anteil am kenianischen Mobilfunkanbieter Safaricom gesichert. Seitdem hat Safaricom die Zahl seiner Kunden vertausendfacht, die Umsatzrendite lag zuletzt bei 40 Prozent.
Die MTN Group aus Südafrika, der größte Mobilfunkanbieter Afrikas, wurde im Frühsommer von zwei indischen Telekom-Firmen umworben, ohne dass ein Abschluss zustande kam. Eine von ihnen, Barthi Airtel, schien sogar bereit, 19 Milliarden US-Dollar für die Aktienmehrheit an MTN auszugeben.
"Wir arbeiten dran"
Und die Deutsche Telekom? Gefragt nach dem Engagement des Konzerns in Afrika dachte eine Unternehmenssprecherin zunächst, die Frage beziehe sich auf gute Taten, wie den Kampf gegen Armut und AIDS. Nach der Klarstellung, dass es um das wirtschaftliche Engagement auf dem Kontinent gehe, sagte sie nur: "Wir arbeiten dran."