Imame gegen den Terror
31. Juli 2015"Im Namen unserer Religion verüben Extremisten Attentate und töten andere Muslime. Dabei hat unser Prophet Mohammed doch den Frieden verkündet", sagt Imam Ibrahima Dieng. Er ist einer von gut 500 religiösen Führern und Experten aus ganz Afrika, die diese Woche in Senegals Hauptstadt Dakar zusammengekommen sind. Was tun gegen Extremismus? Wie lässt sich das negative Image des Islam zurechtrücken? Und wie kann der Dialog zwischen den Religionen vorangebracht werden? Das sind Fragen, die Dieng und die anderen Teilnehmer der Konferenz "Islam und Frieden" beschäftigen. Das Treffen fand unter Schirmherrschaft von Senegals Präsident Macky Sall und Marokkos König Mohammed VI. statt.
Islam mit Image-Schaden
Präsident Sall argumentierte in seiner Rede mit Zahlen: Weltweit gebe es etwa 1,5 Milliarden Muslime, aber gewalttätig seien nur ungefähr 100.000. "Extremisten instrumentalisieren ihre Religion für Gewaltakte. Das schürt die Angst vor dem Islam und vor Muslimen". Das Image der Religion hat weltweit gelitten. Viele Europäer etwa sehen im Islam eine Bedrohung - und das nicht erst seit den Terroranschlägen unter anderem auf das Satiremagazin Charlie Hebdo in Paris Anfang des Jahres. Laut einer Studie der deutschen Bertelsmann-Stiftung von 2013 betrachtet etwa die Hälfte bis zwei Drittel der europäischen Bevölkerungen den Islam als nicht in die westliche Welt passend. Wobei viele Befragte nicht unterscheiden zwischen "dem Islam" und islamistischem Terror.
Angst vor Extremisten
"Unter dem Negativ-Image leiden die Menschen im Senegal und in der Region", sagt Ute Gierczynski-Bocandé, die für die Konrad-Adenauer-Stiftung in Dakar arbeitet. "Dabei gilt der senegalesische Islam als besonders weltoffen." In dem westafrikanischen Küstenstaat sind mehr als 90 Prozent der Menschen Muslime, etwa fünf Prozent sind Christen. Diese Minderheit sei gut integriert, sagt Gierczynski-Bocandé.
Aber auch in den muslimischen Bevölkerungen wächst die Angst vor Extremismus. In einer Studie hat das amerikanische Pew Research Center Muslime weltweit befragt, darunter auch Teilnehmer aus mehreren Staaten in Subsahara-Afrika. "Viele Afrikaner machen sich Sorgen über religiösen Extremismus, auch innerhalb ihrer eigenen Religion", schreiben die Forscher in ihrem Bericht. In Nigeria etwa haben demnach fast 60 Prozent der Befragten Angst vor religiöser Gewalt. Dort terrorisiert die Islamistenmiliz Boko Haram die Bevölkerung, bei Anschlägen werden auch immer wieder Muslime getötet.
Afrikanischer vs. arabischer Islam?
Der Islam sei die "friedlichste Religion überhaupt, tolerant gegenüber anderen Glaubensrichtungen und dem Westen", sagt Sheikh Abdullahi Bala Lau. Er kommt aus dem terrorgeplagten Nigeria, ist dort Oberhaupt der Yan Izala-Bewegung, die ihre Wurzeln im strengen saudi-arabischen Islam, dem Wahabismus, hat. Bala Lau gehört also eher zu den konservativen Predigern, trotzdem hat er Boko Haram wiederholt als "unislamisch" kritisiert.
Dass sich religiöse Führungspersönlichkeiten aus Nigeria, aber auch aus dem Senegal, aus Gambia oder Niger geschlossen gegen den islamistischen Terror stellen, sei etwas ganz Neues, sagt Ute Gierczynski-Bocandé von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Und es sei längst überfällig. Auch im Senegal, wo sie arbeitet, schleiche sich konservatives Gedankengut ein. "Man sieht immer mehr verschleierte Frauen oder Männer, die Frauen nicht mehr die Hand geben". Das seien Zeichen eines orthodoxen Islam, der aus arabischen Ländern und nicht aus Subsahara-Afrika komme. Es seien vermehrt Prediger zu hören, die den Afrikanern weis machen wollten, dass der dort praktizierte Islam, nicht der richtige sei. Daher sei es wichtig, sagt Gierczynski-Bocandé, "dass sich afrikanische Muslime selbstbewusst zu ihrem afrikanisch geprägten Islam bekennen und nicht versuchen, den arabischen Islam zu imitieren".
Und was können dabei die religiösen Gelehrten tun? "Die Religion darf nicht für persönliche Interessen benutzt werden. Nur weise und aufrichtige Prediger können den Islam auch so lehren", sagt etwa Imam Mamadou Cheikoury Dia. Vorerst bleibt es jedoch bei solchen Appellen und guten Vorsätzen. Konkrete Maßnahmen haben die Konferenzteilnehmer in Dakar noch nicht beschlossen.
Mitarbeit: Babou Diallo