Afrikas Energiesektor im Wandel
26. April 2016Der Solarcontainer im Miniaturformat ist ein Hingucker im Foyer der Hamburger Handelskammer, wo gerade das 10. Deutsch-Afrikanische Energieforum stattfindet. Der Container ist nur ein Modell, aber das Original ist fast genauso handlich: Es passt in zwei Schiffscontainer und kann per LKW in jeden Winkel Afrikas transportiert werden. Aufgebaut und betriebsbereit ist es in 30 Minuten.
Das deutsche Startup "Africa Greentec" hat im vergangenen September die erste Pilotanlage in Mali aufgestellt und versorgt dort ein ganzes Dorf mit Strom. Das Geschäftsmodell: Zehn Jahre lang zahlen die Dorfbewohner Miete für den Container, danach können sie das mobile Kraftwerk entgeltfrei nutzen. Mobile Lösungen wie diese sind vor allem für abgelegene, ländliche Regionen in Afrika geeignet, wo es zum Teil noch gar keine dauerhafte Energieversorgung gibt.
Stromversorgung unzuverlässig
Aber auch in vielen afrikanischen Städten ist die Stromversorgung unzuverlässig. Viele Länder sind abhängig von Stromlieferungen aus Nachbarländern. Wenn es dort Engpässe gibt, kommt es zu Versorgungsproblemen. Namibia zum Beispiel decke bisher mehr als die Hälfte seines Verbrauchs mit Strom-Importen aus Südafrika und sei dadurch sehr abhängig, so die stellvertretende Energie-Ministerin von Namibia, Kornelia Shilunga.
Das Land möchte unabhängiger werden und dabei vor allem seine natürlichen Ressourcen nutzen: Sonne, Wasser, Wind. Der Klimawandel allerdings sei eine Herausforderung, so Shilunga: "Wenn Dürre herrscht, kann man nicht auf die Wasserkraft setzen. Und wenn es nicht genug Sonne gibt, kann man sich nicht ausschließlich auf Solarkraftwerke verlassen." Für eine sichere Energieversorgung in der Zukunft brauche Namibia deshalb "den richtigen Mix" an erneuerbaren Energien.
Sinnvoller Energie-Mix
Eine gute Energie-Mischung strebt auch Äthiopien an. Das Land setzt derzeit zu mehr als 90 Prozent auf Energie aus Wasserkraft und möchte die Solarenergie aktiv vorantreiben. Noch aber fehlen Technologien und Finanzierungsmöglichkeiten, erklärt Energie-Minister Motuma Mekasa auf dem Podium und wirbt um Investoren aus Deutschland: "Die deutschen Unternehmen haben die technischen Kompetenzen, sie haben die modernen Technologien, die wir gut gebrauchen können."
Dabei allerdings dürfe man nicht beim Bau und Design einzelner Kraftwerke stehen bleiben, betont Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Es gehe vielmehr darum, dass von der Idee "Auf diesem Grundstück bauen wir einen Solarpark!" bis zur Baureife "die Verhandlungen geführt werden, die regulatorischen Rahmenbedingungen gesetzt werden, die Garantie- und Finanzierungsinstrumente zusammen kommen".
Mittelständische Projektentwickler gefragt
Liebing ist zuversichtlich, dass niemand anderer auf der Welt das so gut könne wie mittelständische Projektentwickler aus Deutschland. Eine große Hürde allerdings seien die hohen Risiken in vielen afrikanischen Ländern. Daher hofften deutsche Investoren auf mehr Unterstützung durch die Bundesregierung und eine gute Absicherung ihrer Kredite durch Risiko-Versicherer wie Euler Hermes.
60 deutsche Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbare Energien sind bereits auf dem afrikanischen Kontinent aktiv. Von großen Projektentwicklern wie ABB und Siemens bis zu kleinen Start-ups wie dem Solarcontainer-Unternehmen "Africa Greentec". Das Hamburger Energieforum bietet ihnen eine Plattform ihre Ideen vorzustellen und sich auszutauschen. Aus mehr als 40 afrikanischen Ländern sind die Teilnehmer angereist.
Potenzial wie China vor zehn Jahren
Für Afrika sei Energie ein "Dreh- und Angelpunkt", so der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Da die Kosten für Strom aus erneuerbaren Quellen weiter sinken würden, sei "jetzt der ideale Zeitpunkt, das Energiesystem zu transformieren". Das untermauern auch Schätzungen der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA): Afrika werde seine Energieversorgung bis 2030 um 25 Prozent steigern und durch den Aufbau einer dezentralen Energieversorgung bis zu 4,5 Millionen neue Jobs schaffen.
Liebing betont, Afrika sei "keine Krisenstory, sondern eine Wachstumsstory" und vergleicht das Potenzial mit China vor zehn Jahren. Man wisse zwar noch nicht genau, welche Länder den Schwerpunkt bilden würden, aber man könne sich definitiv "nicht erlauben nicht dabei zu sein".