Akinbode Akinbiyi: Alltag in der Megacity
Er ist einer der drei diesjährigen Preisträger der Goethemedaille. Der nigerianische Fotograf Akinbode Akinbiyi beschäftigt sich in seinen Fotografien mit dem Alltagsleben der afrikanischen Mega-City Lagos.
Bevölkerungsreichste Stadt des Kontinents
Mehr als 18 Millionen Menschen leben in der Megacity Lagos. Kaum eine andere Metropole wächst derzeit so schnell. Und täglich kommen mehr Menschen aus dem ganzen Land in Nigerias heimliche Hauptstadt, in der Hoffnung auf Arbeit und eine bessere Zukunft. Bunt und impulsiv, dreckig und arm, aufstrebend und apokalyptisch - ein Mikrokosmos des afrikanischen Kontinents.
Chronist des Wandels
Diese Aufnahme entstand um die Jahrtausendwende - seither hat sich die Stadt rasant verändert. Alte Gebäude aus der Kolonialzeit weichen modernen Wolkenkratzern aus Glas und Stahl. Um mehr Wohnraum für Konzerne und Nigerias Superreiche zu schaffen, wird derzeit die Lagune, in der sich Lagos ausbreitet, aufgeschüttet. Akinbode Akinbiyi hält die Veränderungen als Fotograf fest, ohne zu werten.
"Urgent Photo Here!"
Eine programmatische Aufnahme: Was ist "dringendes" Bild? Welchen Ausschnitt wähle ich? Und warum? Akinbode Akinbiyi entscheidet sich oft für Fragmente der Wirklichkeit. Was der Betrachter nicht sieht: das Schild weist auf einen Straßenshop für Passbilder in Lagos hin. Indem er genau das weglässt, stellt der Fotograf sich - und uns - essentielle Fragen des Bildermachens.
19 Meilen bis Lagos ...
Das war einmal: seit Fotograf Akinbiyi Anfang der 2000er Jahre diese Aufnahme machte hat sich die Metropole ins Hinterland hineingefressen. Lagos gehört zu den teuersten Städten Afrikas. Die Entfernungsbezeichnung ist für den Fotografen aber auch Symbol der ehemaligen britischen Kolonialmacht, die dem Land seine Maßeinheiten diktierte - und afrikanische Vorstellungen von Raum und Zeit ignorierte.
Musik, Literatur, Exil
Musik-Legende Abdullah Ibrahim verließ während der Apartheid Südafrika. Akinbiyi fotografierte ihn in der Kult-Buchhandlung Glendora. In den 1990er Jahren rief das Familienunternehmen die "Glendora Review" ins Leben: ein Forum für freien Ideenaustausch während der Militärdiktatur von Sani Abacha. Damals verließen viele Intellektuelle Nigeria, über das Magazin hielten sie Kontakt zu ihrer Heimat.
Die innere Ordnung des Chaos
Fela Kuti, einer der größten afrikanischen Popstars, hat ihn besungen, den Go-Slow. Der für Lagos so typische Verkehrsstau war für ihn Metapher für den politischen und sozialen Zusammenbruch seines Landes. Und doch: mitten im scheinbar unentwirrbaren Chaos geht es immer irgendwie weiter. Akinbode Akinbiyi jedenfalls ist kein Afropessimist. Er entdeckt im Chaos eine innere Ordnung der Dinge.
Flüchtige Erinnerung
Eigentlich hat Akinbode Akinbiyi Literatur studiert. Die Fotografie entdeckte er erst viel später. Fotografieren, sagt er, heißt "mit Licht schreiben". Seine Bilder sind unaufgeregt - voller hintergründiger Poesie, wie diese Aufnahme an der Marina von Lagos. Sie erinnert ihn an seine Kindheit - an ein verlorenes Paradies.
Wandern und wundern ...
Sich immer wieder hinterfragen, das ist Akinbode Akinbiyis Motto, fast immer ist er zu Fuß unterwegs. Nie will er sich in das Leben der Menschen drängen oder ihre Intimsphäre verletzen. Wenn er mit seiner Kamera ganz altmodisch auf Film fotografiert, bewegt er sich so unauffällig durch die Straßen, dass er oft unbemerkt bleibt.