Aktionen für ein prima Klima
29. September 2003Die USA sind Rekordhalter im Verursachen von Treibhausgasen - mehr als sechs Milliarden Tonnen Kohlendioxid im Jahr, gut ein Viertel der Weltproduktion. Das liegt vor allem an den Kraftwerken: Sie tragen allein 40 Prozent des CO2-Aufkommens in den USA, das entspricht zehn Prozent weltweit, so der "National Resources Defense Council", eine nichtkommerzielle Umwelt-Lobby-Gruppe der USA. Die Bush-Regierung habe zwar ein Papier mit freiwilligen Beschränkungen in Sachen CO2 herausgebracht – doch das sei nutzlos, es gebe keine verpflichtenden Grenzwerte. Dabei macht Kalifornien es vor. Es regelt als erster US-Staat per Gesetz, dass Autos weniger CO2 in die Atmosphäre pusten sollen. Außerdem sind dort die Stromanbieter verpflichtet, ein Fünftel der Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen – aus Wind, Wasser und Sonne, nicht mehr aus Kohle. Doch Bush habe auch noch das Kyoto-Protokoll in den Wind geschlagen, "obwohl es unbestreitbare wissenschaftliche Beweise gibt, dass die Klimaänderung real ist."
Jesus wäre gegen dicke Jeeps
Was die Regierung versäumt, holen die Bürger und Bundesstaaten nach: Klimaschutz in Eigenregie. Der "International Council for Local Environmental Initiatives" (ICLEI) setzt auf die Macht der Zahlen und hat einen Rechner ins Internet gestellt, mit dem man seinen persönlichen CO2-Ausstoß ermitteln kann – zum Schluss erhält man einen Vergleich mit dem Verbrauch anderer Nationen. Manche Organisationen propagieren den Klimawandel nicht allein aus Umweltgründen. Das "Evangelical Environmental Network" (EEN), ein Zusammenschluss verschiedener religiöser Gruppen, sieht Spritsparen als moralische Pflicht. Denn CO2 führe zur Erderwärmung, die wiederum bringe arme Länder an den Rand einer Hungersnot und gefährde Tierarten. Kein verantwortungsvoller Umgang mit der Schöpfung. Deshalb fragt das EEN auf Aufklebern: "What would Jesus drive?" Keinen dicken Geländewagen jedenfalls, sagt das EEN. Und erklärt: Weniger Benzinverbrauch bedeutet weniger Abhängigkeit von unsicheren Öl-Staaten im Mittleren Osten. Vom Irak zum Beispiel, an dessen Ölfelder die USA heranwollen, wie manchmal spekuliert wird. "Fast all unser Öl kommt aus dem Ausland", erklärt Klimaexperte Christopher Flavin, Präsident des "World Watch Institute" in Washington. "Diese Abhängigkeit ist politisch ein wunder Punkt - und ein Sicherheitsproblem."
Mehr Sonne, weniger Steuern
Um große Politik hat sich Mike Tidwell möglicherweise weniger Gedanken gemacht. Der freie Autor aus Takoma Park in Maryland rüstete sein Haus "bis auf einen winzigen Anteil" komplett auf Sonnenenergie um – dank Steuervergünstigungen fast kostenlos. Mehrere Gemeinden und Bundesstaaten bieten Steuervorteile und Zuschüsse für umweltfreundliche Energie-Anlagen. Man muss also kein reicher Mann sein, um sich das leisten zu können, sagt Tidwell. "Die meisten umweltrettenden Technologien sind für amerikanische Hausbesitzer erschwinglich." Doch der Durchschnittsamerikaner wisse immer noch nicht viel über die Klimaerwärmung, "und wenn, dann ist es ihm auch egal", meint Tidwell. Kein Wunder: Benzin kostet etwa halb so viel wie in Europa, Strom und Gas ebenfalls.
Mike Tidwell dagegen tut was. Dank der 36 Solarzellen auf dem Dach kann Familie Tidwell Strom und warmes Wasser erzeugen. Sie heizen über einen Ofen, der getrockneten Mais verbrennt. "Mais ist eine fast unendliche Energiequelle und trägt fast nichts zur Klimaerwärmung bei." Sondern es kostet pro Winter noch 500 US-Dollar weniger als Erdgas. Alles in allem hat die Familie 7.700 Dollar ausgegeben, spart aber jährlich 930 Dollar ein. Auch mit einfachen Tricks wie Energiesparlampen und "unserem sonnen- und windbetriebenen Wäschetrockner" – der Leine im Garten.