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Aller Anfang ist schwer? In Shanghai nicht!

2. September 2009

Shanghai ist ein wahres Schlaraffenland, meint Lorenz Wagener, der dort ein Unternehmen gegründet hat. Neben Chancen gebe es aber auch Gefahren. Die Metropole sei voll von Erfolgsstories, aber auch voll von Misserfolgen.

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Blick aus einem Hotelzimmer in Shanghai (Foto: DW)
Blick auf ShanghaiBild: DW/Petersmann

"In Deutschland kann man eigentlich nur dann einen neuen Kunden gewinnen, wenn man jemand anderem einen Kunden wegnimmt", sagt Lorenz Wagener. Shanghai dagegen ist für den jungen Deutschen, der vor fünf Jahren in der chinesischen Metropole eine Firma für fotografische Dienstleistungen und Marketing gegründet hat, ein wahres Schlaraffenland: "Ich kann nur für mich sagen, dass es hier sehr, sehr spannend ist. Ich habe gelesen, dass derzeit rund 250 Firmen im Monat neu nach Shanghai kommen und hier Büros aufmachen." In Shanghai herrsche kein Verdrängungswettbewerb. Es sei ein stark wachsender Markt, der ständig neue Dinge und neue Dienstleistungen brauche, so der Unternehmer.

Chancen und Risiken

Lorenz Wagener (Foto: DW)
Marketing-Experte Lorenz WagenerBild: DW

Von wegen Krise: in Shanghai tobt der Turbo-Kapitalismus, seit die chinesische Regierung die Hafenstadt an der Ostküste Anfang der 1990er-Jahre zur Sonderwirtschaftszone erklärt hat. Die Chancenvielfalt ist maßlos, und der schnelle Reichtum zum Greifen nah. "Man wird ständig gefragt, ob man sich in einem Projekt engagieren möchte, ob man einen Teil übernehmen möchte, oder ob man sich an einer Firma beteiligen möchte, weil einfach so viel passiert, so viel entsteht, so viel kreiert wird, dass es wirklich sehr, sehr viele Möglichkeiten gibt", so Wagener.

Ihm zufolge gibt es aber auch Gefahren: "Wenn man kein klares Ziel vor Augen hat, kann es sehr schnell sein, dass man überall hinfährt, in jede Richtung fährt, aber nirgendwo hinkommt." Ausbrennen und verbrennen: genau da lauert die große Gefahr, die von Shanghai ausgeht. Jedenfalls für den jungen Marketing-Experten aus Nürnberg, der erst 27 Jahre alt war, als er sein Unternehmen Rimagine gegründet hat.

Skyline von Shanghai (Foto: DW)
Shanghai World Financial Center und Jinmao TowerBild: DW

Shanghai ist süchtig nach Rekorden. Alles muss immer höher, weiter, schneller sein. "Man bekommt einfach immer nur die Erfolgsstories zu hören, wie einer jetzt sein viertes Restaurant aufgemacht hat und jetzt sein fünftes aufmacht oder vor drei, vier Jahren eine Firma gegründet hat und jetzt schon hundert Mitarbeiter hat", so Wagener. Die Stories, die nicht erfolgreich seien, von denen höre man hingegen nie. "Shanghai ist natürlich absolut voll von Erfolgsstories, aber auch absolut voll von Misserfolgen", stellt der junge Deutsche fest.

Eine Idee, Mut und chinesische Freunde

Lorenz Wagener (Foto: DW)
Lorenz Wagener kennt auch die Risiken in ShanghaiBild: DW

Zu beginnen ist leicht, erfolgreich zu überleben, eine hohe Kunst. Wagener brauchte zur Firmengründung eigentlich nur eine gute Idee, Mut und chinesische Freunde, die im ersten Jahr ihren Namen hergaben, um die Sache als lokales Unternehmen zu starten, was deutlich billiger ist: nur rund 80 statt bis zu 150.000 Euro Startkapital wie für eine internationale Firma. "Es ist sehr, sehr einfach, die ersten Geschäftskontakte zu knüpfen, die ersten Angebote und Rechnungen zu schreiben und die ersten Überweisungen zu tätigen", erläutert der Jungunternehmer.

Am Anfang fotografierte das Mini-Unternehmen Thunfischdosen in einer kleinen Privatwohnung, um den ersten Kunden etwas vorweisen zu können. Inzwischen ist Rimagine ein internationaler Foto- und Marketingdienstleister mit 21 Mitarbeitern und drei Studios. Über 80 Prozent der Kunden sind ausländische Unternehmen.

"Man muss auch Nein sagen können"

Shanghai-Impression (Foto: DW)
Blick vom Stadtteil Pudong auf die Uferpromenade BundBild: DW

Um sich im kurzatmigen Shanghai auf Dauer zu halten, verfolgt Wagener in der Wirtschaftswunderstadt der unbegrenzten Möglichkeiten ein eisernes Motto: "Man muss in Shanghai einfach nein sagen zu den Möglichkeiten, ansonsten verzettelt man sich. Wenn man ständig auf den Rasen des anderen schaut, ist es schwierig, weil der meistens grüner ist. Man muss einfach auf seinen eigenen Bereich schauen und sein eigenes Ziel verfolgen."

Der heute 32-jährige Nürnberger ist einer von mindestens 8000 Deutschen in Shanghai. Jedes Jahr wagen rund 200 deutsche Unternehmen den Sprung nach China, ganz viele davon nach Shanghai, das so verlockend glitzert. Über die Verlierer spricht kein Mensch. Sie treten heimlich, still und leise den Rückzug an.

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Markian Ostaptschuk