Amadeo Modigliani: Retrospektive in London
Sein krankheitsbedingt kurzes, aber ausschweifendes Leben, das gute Aussehen, die Aktzeichnungen - all das machte Amedeo Modigliani zur Legende. Eine Ausstellung in der Tate Modern zeigt die Werke des Künstlers.
Ein Künstler, viele Mythen
"Der letzte Bohemien von Montmartre" soll Amedeo Modigliani oder "Modi", wie er von seinen Freunden genannt wurde, gewesen sein. 1884 in Italien geboren, zog er 1906 nach Paris, wo ihn vor allem Picasso, Matisse und Cézanne beeinflussten - und er schnell ein exzessives Leben führte. Hier ist Modigliani in seinem Studio zu sehen, 1915 fotografiert von Paul Guillaume.
Von Masken inspiriert
Ein weiblich anmutendes Gesicht, die Gesichtszüge freundlich. Die Skulptur erinnert an eine afrikanische Maskendarstellung. Das ist kein Zufall: Im Jahr 1909 begegnete Modigliani dem Bildhauer Constantin Brâncuși, der ihn zur bildhauerischen Tätigkeit ermutigte und auf afrikanische Plastiken aufmerksam machte. Bis 1914 schuf Modigliani fast ausschließlich Skulpturen. 1911 entstand dieser "Head".
Von der Bildhauerei zur Porträtmalerei
Nachdem Modigliani die Bildhauerei aufgeben musste, da der vom Meißel produzierte Staub seine Lungen zu sehr belastete, fing er an, vor allem seine Künstlerfreunde zu malen. Hier zum Beispiel porträtiert er den kubistischen Maler Juan Gris im gleichnamigen Gemälde von 1915. Typisch für Modiglianis Still sind dabei die großzügigen vereinfachenden Umrisslinien und der lyrische, melancholische Stil.
"Ein Schwein und eine Perle"
So bezeichnete ihn die englische Schriftstellerin und Journalistin Beatrice Hastings, mit der Modigliani von 1914-1916 zwei leidenschaftliche Jahre verbrachte. 1915 malte er dieses Porträt von ihr. Hastings soll der Inbegriff einer emanzipierten Frau gewesen sein. Zusammen lebten die beiden sehr exzessiv - sie tranken viel und sollen sich auch oft und heftig gestritten haben.
Wie die Aktdarstellung zum Skandal wurde
Neben seinen Künstlerfreunden und Freundinnen malte Modigliani nun auch Aktdarstellungen, etwa diese "Seated Nude" von 1917. Für einen Skandal sorgten die Aktbilder auf der ersten und einzigen Solo-Ausstellung zu Modiglianis Lebzeiten in Paris im Dezember 1917. Die Darstellung von Schamhaaren galt als Skandal - die Polizei schloss die Ausstellung nur wenige Stunden, nachdem sie eröffnet wurde.
Auf der Suche nach zeitloser Schönheit
Dieses "Portrait of a Young Woman" von 1918 ist typisch für den Maler: Das Gesicht ist schmal, leicht überlängt und der Hintergrund in rötlichen Tönen gehalten. Modigliani wollte in seinen Darstellungen stets der abstrakten und idealen Schönheit auf den Grund gehen. Inspiriert zu diesen klaren Formen hat ihn unter anderem seine bildhauerische Tätigkeit.
Modiglianis Frauen
Im April 1917 lernte Modigliani dann die 19-jährige Jeanne Hébuterne kennen. Die beiden zogen in Paris zusammen und sie brachte 1918 eine Tochter zur Welt. In den letzten Jahren seines Lebens ist Jeanne häufig als Protagonistin in Modiglianis Werken zu sehen. Hier hielt er sie 1919 in einem gleichnamigen Porträt fest.
Landschaft
Zusammen mit Jeanne zog Modigliani 1918 nach Südfrankreich, um seine angeschlagene Gesundheit auszukurieren. Anfangs wohnten sie in Cagnes-sur-Mer, das der Maler in diesem "Cagnes Landscape" von 1919 festhielt. Das Bild ist eines seiner wenigen Landschaftsdarstellungen. Der Einfluss eines seiner frühen Vorbilder lässt sich erkennen: Paul Cézanne.
Tragisches Ende
"Self-Portrait as Pierrot" heißt dieses Gemälde von 1915, in dem der Maler sich selbst als leidenden Pierrot darstellt - die Haut grünlich, der Blick leer. In der Tat war das Leben des Künstlers geprägt von Lungenkrankheiten. Mit nur 35 Jahren starb er schließlich 1920 an Tuberkulose. Am nächsten Morgen nahm sich seine junge Frau Jeanne Hébuterne ihr Leben. Sie war im neunten Monat schwanger.