Angela Merkel drückt aufs Tempo
5. März 2018Es war nur ein kurzes Statement, das Angela Merkel am Montag in der Berliner Parteizentrale der CDU abgab. Aber sie wirkte erleichtert, dass ihrer Wahl zur Bundeskanzlerin nun nichts mehr im Wege steht. Das Ergebnis des Mitgliedervotums der SPD sei "eine sehr, sehr gute Grundlage" für die gemeinsame Regierungsarbeit, betonte Merkel, die nun bald wieder eine stabile Mehrheit im Bundestag hinter sich haben wird. Darauf hatte sie fast sechs Monate lang hingearbeitet.
In den letzten Monaten war Angela Merkel als "geschäftsführende" Bundeskanzlerin nur eingeschränkt handlungsfähig gewesen, ebenso wie ihr gesamtes Kabinett. Nun dringt sie darauf, dass die neue Regierung schnell ihre Arbeit aufnimmt. "Es wird wichtig sein, dass wir schnell als Regierung auch mit dem Arbeiten beginnen", sagte sie. Fast sechs Monate nach der Bundestagswahl hätten die Menschen in Deutschland darauf einen Anspruch. Schließlich sei der Koalitionsvertrag "ein Buch voll mit Aufträgen und Aufgaben", die umgesetzt werden müssten.
Steinmeier schlägt Merkel zur Wahl vor
"Es ist gut für unser Land, dass diese Phase der Unsicherheit und Verunsicherung vorbei ist", hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach dem "Ja" der SPD-Mitglieder betont. Wie es die Verfassung vorsieht, hat er nunmehr dem Bundestag vorgeschlagen, Angela Merkel zur Bundeskanzlerin zu wählen. Geplant ist die Wahl, die geheim und ohne Aussprache stattfindet, für den 14. März. Merkel hat Erfahrung mit diesem Prozedere: Bei ihren drei bisherigen Wahlen zur Bundeskanzlerin (2005, 2009 und 2013) erreichte sie jeweils im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit der Stimmen. So dürfte es auch diesmal kommen: Zusammen haben CDU, CSU und SPD im Bundestag 399 von insgesamt 709 Sitzen.
Kritiker der "GroKo" einbinden
Auch in der SPD überwog die Erleichterung darüber, dass die Mitglieder grünes Licht für die große Koalition gegeben haben. Wie stark die Neuauflage der "GroKo" polarisiert, hatte die SPD-Spitze in den letzten Wochen hautnah erlebt: Auf zahlreichen Diskussionsveranstaltungen im ganzen Land hatten Gegner der großen Koalition ihre Skepsis zum Ausdruck gebracht. Dementsprechend nervös war die Parteiführung, als die Stimmen des Mitgliedervotums ausgezählt wurden. Am Ende stimmten 66 Prozent mit "Ja". Nun gelte es, die beiden Lager, also die Befürworter und Kritiker der großen Koalition zusammenzuführen, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Die Ideen der Kritiker, die von Juso-Chef Kevin Kühnert angeführt wurden, sollen dabei nicht unter den Tisch gekehrt werden. "Wir brauchen die Ideen der jungen Menschen in unserer Partei, wir brauchen die Ideen von Kevin Kühnert, von anderen", erklärte Klingbeil.
Warten auf die SPD-Ministerliste
Mit dem positiven Votum der SPD-Mitglieder ist eine wichtige Hürde auf dem Weg zur Regierungsbildung genommen. Aber noch steht das neue Kabinett nicht. Die SPD berät noch darüber, wen sie ins Kabinett schickt. Für die sechs Ministerposten seien drei Frauen und drei Männer, vorgesehen, hieß es lediglich, darunter erfahrene Minister und neue Gesichter. Als wahrscheinlich gilt, dass der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz, der derzeit kommissarisch die Partei führt, neuer Finanzminister wird. Unklar ist, ob Sigmar Gabriel Außenminister bleibt oder das Kabinett verlassen muss.
Nach der CDU hat nun aber auch deren bayerische Schwesterpartei CSU ihre Ministerkandidaten bekannt gegeben: Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung soll auch künftig von Amtsinhaber Gerd Müller geleitet werden. CSU-Chef Horst Seehofer will das Innenministerium übernehmen, das um die Bereiche Wohnungsbau und Heimat erweitert werden soll. Neuer Verkehrsminister soll CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer werden.