Angst vor Anschlägen in den USA
27. Mai 2004
FBI-Direktor Robert Mueller nannte Namen von sieben mutmaßlichen Terroristen, die eine "klare und aktuelle Gefahr" für die USA bedeuteten. Zuvor hatte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, Vorwürfe zurückgewiesen, die US-Regierung bausche die Terror-Gefahr mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen auf.
Der G-8 Gipfel in Georgia, die Wahlparteitage von Demokraten und Republikanern und die US-Präsidentschaftswahlen - an "attraktiven" Zielen besteht für Terroristen derzeit kein Mangel. In den amerikanischen Strafverfolgungsbehörden geht man deshalb für diesen Sommer von einem erhöhten Terror-Risiko für die USA aus. Justizminister John Ashcroft sprach von "glaubhaften Hinweisen", die nahe legen würden, dass El Kaida in den nächsten Monaten einen Anschlag auf die USA plane. "Diese besorgniserregenden Hinweise sagen uns auch, dass dieser Anschlag massiv ausfallen soll", sagte Ashcroft.
Fahndung nach Verdächtigen
Ashcroft verwies darauf, dass Sprecher von El Kaida nach dem Madrid-Attentat im März die Vorbereitungen für einen solchen Anschlag in den USA als bereits zu 90 Prozent abgeschlossen bezeichnet hätten.
Das FBI veröffentlichte in diesem Zusammenhang am 26. Mai 2004 sieben Fahndungsfotos von mutmaßlichen Terroristen, darunter auch ein amerikanischer und zwei kanadische Staatsbürger moslemischen Glaubens. "Von jeder dieser Personen wissen wir, dass sie die Absicht hat und über die Fähigkeit verfügt, einen Terroranschlag vorzubereiten, ihn zu ermöglichen oder selbst durchzuführen. Sowohl in den USA als auch im Ausland", sagte FBI-Chef Robert Mueller.
Neue Taktik
El Kaida habe in den 32 Monaten seit den Terroranschlägen des 11.Septembers ihre Taktik flexibilisiert und den Gegebenheiten angepasst. Ihre Mitglieder würden heute zum Teil mit ihren Familien Unterschlupf in US-Gemeinden suchen oder sich als Europäer ausgeben.
Mueller und Ashcroft riefen die Bevölkerung zur aktiven Mithilfe bei der Prävention von Terroranschlägen auf. In Städten wie Boston, New York oder Miami wurden die Sicherheitsvorkehrungen für Großveranstaltungen erhöht, auch wenn es bisher keine konkreten Hinweise auf einen spezifischen Ort oder ein Datum für einen solchen Terroranschlag gab.
Anfang der Woche hatte das angesehene britische "Internationale Institut für Strategische Studien" (IISS) in einem Bericht die Zahl der El Kaida-Rekruten auf weltweit 18.000 geschätzt. Diese Zahl leite sich von etwa 20.000 Rekruten ab, die zwischen 1996 und 2000 in Afghanistan ausgebildet worden seien, sagte Clarence Taylor vom IISS in Washington. "Dass muss nicht bedeuten, dass alle diese 18.000 Personen aktive Terroristen sind. Aber es ist das Reservoir, aus dem die Terrornetzwerke schöpfen können."
Die aktuelle Angst vor islamistischen Angriffen gegen die USA rückt die Terrorbekämpfung wieder ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit - für George W. Bush ohnehin Hauptthema seines Wahlkampfes. Der lange Krieg im Irak und die Foltervorwürfe gegen US-Soldaten hatten in den letzten Wochen die Umfragewerte für die Bush-Regierung stark nach unten gedrückt.
Terrorwarnung als Wahlkampfmittel?
Der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry hat der US-Regierung vorgeworfen, zu wenig für den Schutz vor Terrorangriffen zu tun. Es würde nur unzureichend für den Schutz von Häfen, Chemiefabriken und Atomanlagen gesorgt. Außerdem seien Feuerwachen ungenügend ausgestattet und ein Programm zur Verstärkung der Polizeipräsenz auf den Straßen ins Stocken geraten. "Wir verdienen einen Präsidenten der Vereinigten Staaten, der die innere Sicherheit nicht als Foto-Hintergrund und für Rhetorik Kampagnen nutzt", sagte Kerry, der Bush bei der Wahl im November ablösen möchte.