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Angst vor Dominoeffekt

Eugen Theise (ul)26. Februar 2009

Auf dem EU-Sondergipfel am 1.März in Brüssel will Österreichs Kanzler Werner Faymann eine Initiative zur Stabilisierung der Finanzmärkte Mittel- und Osteuropas vorstellen. Größte Sorgen bereitet die Ukraine.

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Frau vor Geldwechselstube in Kiew (Quelle: dpa)
Abwertung und Schuldenlast setzen Ukrainern zuBild: picture-alliance/ dpa

Um die Banken zu rekapitalisieren, brauchen die osteuropäischen Staaten dringend mindestens 45 Milliarden Euro, mahnt Weltbankchef Robert Zoellick. Vor allem die österreichische Regierung hat an der Stabilisierung der Region besonderes Interesse – denn dort sind Kredite in Höhe von 230 Milliarden Euro offen. Doch ein milliardenschweres Hilfspaket sieht Österreichs Initiative zunächst nicht vor. "Unsere Initiative zielt nicht darauf ab, dass jemand in Westeuropa ein großes Hilfspaket schnürt, welches dann nach Osteuropa verschoben wird", betont Harald Waiglein, der Sprecher des österreichischen Finanzministeriums.

Individuelle Hilfsmaßnahmen seien gefragt. Rumänien zum Beispiel brauche weder ein Bankenpaket noch ein Geldpaket. "Die Banken in Rumänien sind besser kapitalisiert als in Westeuropa. Was Rumänien braucht, sind Maßnahmen, die gewährleisten, dass der Kurs der Währung stabil bleibt."

Ergänzung der IWF-Pakete

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann, SPÖ (Quelle: AP)
Werner Faymann - Österreichs Bundeskanzler plant StabilitätsoffensiveBild: AP

Für Länder mit extremen Liquiditätsschwierigkeiten würden laut Waiglein "bilaterale Maßnahmen im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds durchleuchtet“. Sprich: einzelne Länder könnten zusätzlich zu den IWF-Krediten weitere Kredite oder Garantien von EU-Ländern bekommen, die - wie Österreich - ein besonderes Interesse an der Stabilisierung der osteuropäischen Finanzmärkte haben. „Einige Länder haben ein Liquiditätsproblem in ihren Nationalwährungen. Da können wir nichts machen. Wir können nur Liquidität in Euro bereitstellen“, meint Harald Waiglein.

Neben den neuen EU-Mitgliedern sollen auch die Beitrittskandidaten wie zum Beispiel Kroatien und Mazedonien, aber auch – wegen ihrer strategischen Bedeutung für die EU – die Ukraine miteinbezogen werden.

Sorgenkind Ukraine

Die Ukraine ist von der Krise besonders stark betroffen - und ein deutliches Beispiel für die Probleme westlicher Banken in der Region. Bis vor kurzem war der ukrainische Finanzmarkt noch hart umkämpft – Kreditgelder aus Westeuropa wurden massiv ins Land gepumpt.

Zwei Drittel der Kredite wurden in Fremdwährung vergeben, also in Euro oder in US-Dollar. Nachdem der Kurs der Nationalwährung Hrywnia in den letzten Monaten um 50 Prozent eingebrochen ist, sind diese Kredite mit Zinsen zwischen 12 bis 15 Prozent für viele nicht mehr bezahlbar. Der Kiewer Finanzexperte Olexandr Zholud: "Ukrainische Banken und Unternehmen haben mehr als 80 Milliarden US-Dollar Schulden im Ausland, davon müssen 30 Milliarden bereits in diesem Jahr zurückgezahlt werden."

Denn um die Zinsen für langfriste Kredite bezahlen zu können, wurden oft zusätzliche Kreditverträge mit kurzfristigen Laufzeiten aufgenommen, erläutert Zholud. Diese Strategie, das Geld kurzfristig auszuleihen, erwies sich als fatal – im Zuge der internationalen Finanzmarktkrise ist frisches Geld nicht mehr verfügbar.

Zehn-Milliarden-Loch

Von den 30 Milliarden Dollar, die ukrainische Banken dieses Jahr zurückzahlen müssten, so schätzt Zholud, würden bestenfalls 20 Milliarden bereit gestellt werden. Auch das nur, wenn alle möglichen Reserven der ukrainischen Nationalbank und die zugewiesenen Gelder des IWF oder der Weltbank ausgeschöpft werden. Die Frage, wie das Zehn-Milliarden-Loch gestopft werden soll, bleibt offen. "Falls sich für die großen internationalen Finanzkonzerne demnächst die Frage stellen sollte, ob sie selbst oder ihre ukrainischen Töchter Pleite gehen, würde man mit Sicherheit die Töchter dicht machen“, resümiert der ukrainische Experte. Noch ist es nicht soweit. Aber die Geschäfte in der Ukraine werden nur noch auf Sparflamme laufen. So kündigte die französische BNP Paribas als erste der westlichen Banken für dieses Jahr drastische Sparmaßnahmen an: 100 Filialen in der Ukraine sollen geschlossen werden.

Sitz der Weltbank in Washington (Quelle: dpa)
Sitz der Weltbank in Washington - Experten sehen große Probleme in OsteuropaBild: picture-alliance/dpa

Mit dem starken Engagement der einheimischen Banken in Osteuropa muss Österreich jetzt mehr als jedes andere westeuropäische Land erkennen, in welchem Maße Stabilität in Ost und West zusammenhängen. Nationale Hilfspakete, wie das Österreichs, werden nur ausreichen, wenn es gelingt, die Lage in Osteuropa zu stabilisieren.

Gemeinsames Interesse der EU

Österreichs Finanzminister Josef Pröll warnt die EU nach einem Besuch in Kiew vor einem Dominoeffekt: Breche dort der Finanzmarkt zusammen, dann würde das auch ernsthafte Folgen für die Nachbarländer und schließlich für ganz Europa haben. Die Ukraine dürfe man auf keinen Fall fallen lassen, meint auch sein Sprecher Harald Waiglein: "Wir glauben, dass volkswirtschaftliche Stabilität und Stabilität der Wechselkurse – nur das ist das Ziel unserer Initiative in Osteuropa – etwas ist, woran die gesamte EU ein Interesse haben muss. Wir reden hier nicht nur vom Kreditsektor, wir reden auch von diesen Ländern als Standorten von Produktionsfirmen europäischer Unternehmen – da sind viele deutsche, italienische, belgische oder niederländische Firmen dabei. Außerdem ist Osteuropa für viele westeuropäische Länder ein wichtiger Exportmarkt".