Mosambik: Angst vor islamistischer Gewalt
17. Oktober 20175. Oktober 2017. Es ist zwei Uhr morgens. Vier Männer betreten eine Polizeistation in der idyllischen Hafenstadt Stadt Mocímboa da Praia. Zunächst sieht es so aus, als ob sie bloß der Staatsgewalt einen in Flagranti erwischten Kleinkriminellen überstellen wollen. Doch plötzlich zieht einer der Männer ein Buschmesser unter dem Kaftan hervor und rammt es ins Gesicht des diensthabenden Polizisten. Die anderen Angreifer halten die übrigen Polizisten in Schacht und erbeuten insgesamt 37 Kalaschnikows der Polizei.
Kurz danach rauben dutzende Angreifer drei Banken aus und liefern sich Feuergefechte mit der Polizei. Zwei Polizisten und 14 Angreifer werden getötet. Erst zwei Tage später ist die Lage wieder vollständig unter Kontrolle.
Von Predigern aus dem Ausland radikalisiert
Bei den Tätern soll es sich junge Männer handeln, die sich radikalen Predigern einer noch im Bau befindlichen Moschee im Stadtteil Nanduadue angeschlossen haben. Die Imame, von denen einige aus dem Nachbarland Tansania stammen, sollen in ihren Predigten lokale Bürgermeister sowie Verwaltungs- und Polizeibeamte als "Ungläubige" bezeichnet und gefordert haben, das islamische Recht vor der Autorität des mosambikanischen Staates zu stellen.
Inzwischen seien 52 Verdächtige festgenommen worden, heißt es von Seiten der Polizei: Es handele sich ausschließlich um Mosambikaner. Sie alle hätten sich geweigert, Aussagen zu ihren Zielen und möglichen Hintermännern ihrer Bewegung zu machen.
"Sie fürchten den Tod nicht. Wenn sie von Sicherheitskräften getötet werden, dann ist es eben der Wille Gottes, sagen sie. Selbst unter Folter würden sie keine Informationen über ihrer Beweggründe herausgeben", sagt Menschenrechtsaktivist und Journalist Lázaro Mabunda, der kurz nach dem Anschlag nach Mocímboa da Praia reiste. Im DW-Interview stellt Mabunda fest, dass der Islamismus in Mosambik ein relativ neues Phänomen sei. Anzeichen dafür gebe es vor allem in den Küstengebieten der nordmosambikanischen Regionen Nampula und Cabo Delgado, wo der Islam die zahlenmäßig größte Religion sei. Vielen Muslime dort wollten die Bräuche und Lebensweise der Makonde, die mehrheitlich animistischen Religionen angehören und in der Region die Bevölkerungsmehrheit stellen, nicht mehr akzeptieren, sagt Mabunda: "Die Makonde trinken Alkohol und essen Muscheln, Schnecken und Schweinefleisch. Das stößt bei vielen Muslimen in der Region auf wenig Gegenliebe." Allerdings sei der Islam in Mosambik immer besonders moderat gewesen, betont Mabunda.
RENAMO gibt der Regierung die Schuld
Auch der Vorsitzende des islamischen Rats der Provinz Nampula, Sheik uma Cadria, betont, dass der Angriff auf die Polizeistation von Mocímboa da Praia ein Einzelfall gewesen sei. Er habe nichts mit dem Islam, wie er in Mosambik praktiziert werde, zu tun: "Wir wussten, dass es eine radikale Gruppe verirrter junger Männer gibt, die eine solche pervertierte Form des Islam propagiert. Wir haben die zuständigen Stellen sogar gewarnt, dass hier eine Infiltrierung von Außen stattfindet", sagt Cadria im DW-Interview. Die Hintermänner dieser radikalen Gruppe seien keine echten Mosambikaner, sondern mehrheitlich aus dem Ausland - aus Tansania, aus Mali, aus Kenia oder Somalia eingereist.
Das glaubt auch Afonso Dhlakama, Präsident der größten mosambikanischen Oppositionspartei RENAMO: "Täglich kommen Islamisten aus anderen Ländern in unser Land", sagt der ehemalige Rebellenführer. "Die Islamisten dringen ohne Pässe in Mosambik ein und haben ein leichtes Spiel, wenn sie unsere Behörden bestechen wollen." Bereits seit Jahren sei ein "völliger Kontrollverlust" an den Grenzen zu verzeichnen, für den vor allem die Regierung verantwortlich sei, so Dhlakama im DW-Interview.
Zum Studieren in den Sudan
Viele junge Mosambikaner scheinen sich den Islamisten anzuschließen, weil sie sich davon materielle Vorteile erhoffen, zum Beispiel Stipendien für das Studium an der "Africa International University" im Sudan. Diese Stipendien werden in der Regel über die neuen Moscheen vergeben. "Bei diesen Studien handelt es sich um nichts anderes als um islamistische Gehirnwäsche, die vor allem von Saudi-Arabien finanziert wird", fasst Journalist Mabunda die Ergebnisse seiner Recherchen in Cabo Delgado zusammen.
Mitarbeit: Raquel Loureiro, Nádia Issufo