Nach Anschlag in eine Salafisten-Moschee
23. Dezember 2016Der flüchtige Terrorverdächtige Anis Amri ist nach einem Bericht des "Rundfunks Berlin-Brandenburg" (RBB) wenige Stunden nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an einem Treffpunkt islamistischer Salafisten in Berlin gefilmt worden. Der Verdächtige sei auf einem Überwachungsvideo zu sehen, das ihn der Nacht zu Dienstag im Stadtteil Moabit zeige, meldete der Sender unter Berufung auf entsprechende Aufnahmen.
Ort der Observation war demnach eine Moschee, die als Treffpunkt von Islamisten gilt und am Donnerstagmorgen von der Polizei durchsucht worden war, hieß es in dem RBB-Bericht weiter. Der 24-Jährige sei außerdem in den Nächten vom 14. und 15. Dezember von Sicherheitskräften gefilmt worden.
Amri saß am Steuer
Die deutschen Ermittlungsbehörden haben inzwischen kaum noch Zweifel, dass der Tunesier für den Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt verantwortlich ist. Bundesinnenminister Thomas de Maizière teilte mit, Amris Fingerabdrücke seien am Fahrerhaus des Lastkraftwagens sichergestellt worden, der am Montagabend in den Weihnachtsmarkt hinein gerast war.
Es seien auch weitere Hinweise gefunden worden, "dass dieser Tatverdächtige mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklich der Täter ist", sagte de Maizière. In der Fahrerkabine des Lkw waren bereits zuvor Personaldokumente Amris gefunden worden, der als abgelehnter Asylbewerber mit einer Duldung in Deutschland lebte.
Dashcam zeigt Tathergang
Bei dem Terroranschlag waren zwölf Menschen getötet und mehr als 50 verletzt worden. Der Anschlag ist nach Medienberichten zum Teil auf dem Video einer Auto-Kamera, einer sogenannten Dashcam, festgehalten. In dem Film ist zu sehen, wie der schwarze Lkw ungebremst in Richtung des hellerleuchteten Marktes an der Gedächtniskirche rast. Sekunden später fliehen Menschen vom Breitscheidplatz.
Das Video zeigt nicht, was dann auf dem Markt geschah. Zum Schluss des Films, sieht man den Lkw quer auf der Straße stehen. Die Dashcam stammt von einem Taxifahrer, der auf Kunden in der Nähe des Weihnachtsmarktes wartete.
Haftbefehl erlassen
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe teilte mit, gegen Amri sei Haftbefehl erlassen worden. Gleichzeitig erhöhten die Ermittler mit Durchsuchungen den Fahndungsdruck. Im nordrhein-westfälischen Emmerich im Kreis Kleve durchsuchten Polizeibeamte eine Flüchtlingsunterkunft. Dort war Amri laut "Spiegel online" offiziell gemeldet. Festnahmen gab es nicht.
Der in Berlin von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei gestürmte Moschee-Verein "Fussilet 33" ist nach Angaben des Berliner Verfassungsschutzes ein "Treffpunkt von Salafisten". Der Verein habe immer wieder radikale Islamisten hervorgebracht hat, unter anderen den Verurteilten Terror-Vorbereiter Murat S.
Unterdessen werden über Amri, der 2015 über Freiburg nach Deutschland einreiste, immer mehr Details bekannt. Medienberichten zufolge war er in Italien und in Tunesien zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Die Sicherheitsbehörden hatten nach Informationen des Magazins "Der Spiegel" vor Monaten vage Hinweise darauf, dass er sich im Internet-Chat mit einem Hassprediger als möglicher Selbstmordattentäter angeboten hatte. Abgefangene Äußerungen von Amri seien aber so verklausuliert gewesen, dass sie nicht für eine Festnahme gereicht hätten.
Monatelang observiert
Die Behörden hatten den Tunesier, der mit verschiedenen Namen agierte, monatelang als sogenannten Gefährder auf dem Radar, sie konnten ihm aber nichts nachweisen. Als Gefährder werden unter anderem radikale Islamisten bezeichnet, denen schwere Straftaten zugetraut werden.
wl/ml (dpa, afp, rtr)