Anis Amris Mutter kritisiert die Behörden
23. Dezember 2016Die Mutter des mutmaßlichen Terroristen Anis Amri hat die europäischen Behörden scharf kritisiert. "Die Sicherheitsleute in Italien und in Deutschland tragen die Verantwortung mit", sagte sie im Interview mit der DW. "Sie haben ihn schon zweimal oder dreimal erwischt. Warum haben sie ihn nicht nach Tunesien geschickt? Warum wurde er nicht verurteilt? Warum wurde er nicht verhaftet?"
Der 24-Jährige wird verdächtigt, für den Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt mit zwölf Toten verantwortlich zu sein.
Kein gläubiger Moslem
Der Familie im tunesischen Oueslatia, 140 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, war bekannt, dass Amri sich seit seiner Abreise nach Europa verändert hatte. Laut Amris Schwester Hamida war er während seiner Jugend in Tunesien kein gläubiger Moslem: "Er hat im Ramadan nicht gefastet. Er hat nicht gebetet. Er hat getrunken. Er hat gefeiert und manchmal die Nacht außer Haus verbracht."
Fotoun, eine andere Schwester, erinnert sich an Gespräche mit ihrem jüngsten Bruder aus Europa nach seiner Flucht über das Mittelmeer: "Im Gefängnis in Italien hat er immer erzählt, dass er Marokkaner und Algerier kennengelernt hat. Normalerweise betet er nicht. Plötzlich hat er aufgehört zu rauchen, hat uns gesagt: Redet bitte nicht mehr übers Trinken."
"Er trägt die Verantwortung"
Konfrontiert mit dem Fahndungsfoto des BKA sagte Amris Mutter, die 60-jährige Nour Alhoda Hassani: "Das tut weh, sehr weh. Wie konnte so etwas passieren? Mir tun die Unschuldigen sehr leid. Und mein Sohn tut mir auch leid. Warum hat er so etwas gemacht? Er trägt die Verantwortung."
Anis Amri hielt auch aus Deutschland Kontakt zu seiner Mutter und den acht Geschwistern. Er rief sie an und schickte auch Fotos, die ihn mit anderen jungen Männern in Berlin zeigen.
Sein ältester Bruder Walid Amri hatte noch Tage vor dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt Kontakt zu seinem Bruder Anis, will aber von dessen Plänen nichts gewusst haben: "Was er in Deutschland gemacht hat, darüber wussten wir nichts. Wir können nur beurteilen, wie er mit uns, seiner Familie, umgegangen ist. Er war freundlich und hat immer gelacht. Und er fragte, wie es uns geht, und sprach mit seinen Freunden, also alles normal."