Anklage gegen NSU-Unterstützerin Susann E. erhoben
28. Februar 2024Mehr als zwölf Jahre nach dem Ende der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen eine mutmaßliche Helferin erhoben. Susann E. würden die Unterstützung des NSU sowie Beihilfe zu einer schweren räuberischen Erpressung mit Waffen vorgeworfen, teilte die Behörde in Karlsruhe mit.
Die dreiköpfige Terrorgruppe tötete zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen. Die Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Die beiden NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten.
Die beiden töteten sich 2011, um ihrer Festnahme zu entgehen - erst damit war der NSU aufgeflogen. Beate Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, wurde 2018 nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt - als Mittäterin,
auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war.
Krankenkarte und Bahncard-Daten für Beate Zschäpe
Den Angaben zufolge wusste Susann E. spätestens Anfang 2007, dass die NSU-Mitglieder unter falschen Identitäten im Untergrund lebten und zu diesem Zeitpunkt bereits rassistisch motivierte Morde sowie einige Banküberfälle begangen hatten. Ab Herbst 2008 habe sie Zschäpe mehrfach ihre Krankenkassenkarte überlassen, damit diese Arzttermine wahrnehmen konnte. Außerdem soll sie ihre Personalien für das Bestellen von Bahncards zur Verfügung gestellt sowie Zschäpe und Böhnhardt zu einem Abholtermin für ein Wohnmobil gefahren haben.
Susann E. ist demnach die Ehefrau von André E., gegen den die Bundesanwaltschaft 2012 vor dem Oberlandesgericht München Anklage erhoben hatte, zusammen mit Zschäpe sowie vier Unterstützern und NSU-Gehilfen. Gegen André E. verhängte das Gericht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Das Urteil sei rechtskräftig, erklärte die Bundesanwaltschaft.
Bericht: Dokumentationszentrum soll bis 2030 fertig sein
Unterdessen nehmen die Pläne für ein geplantes Dokumentationszentrum für die Opfer des NSU allmählich Gestalt an. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitteilte, hat die Bundeszentrale für politische Bildung inzwischen eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, die mit den Angehörigen der Opfer besprochen werden soll.
Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" soll bis 2030 ein Dokumentationszentrum zur rechtsterroristischen NSU-Mordserie errichtet werden, das sowohl ein Ort der Aufarbeitung als auch des Gedenkens sein soll. Neben dem Zentrum, über dessen Standort im Laufe des Jahres entschieden werde, sieht das Konzept dem Bericht zufolge auch Erinnerungsstätten an anderen Orten mit Bezug zum NSU-Komplex vor.
Entsprechende Pläne sind seit längerem bekannt. Im 2021 vereinbarten Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: "Wir unterstützen die Errichtung eines Erinnerungsortes sowie eines Dokumentationszentrums für die Opfer des NSU." An diesem Donnerstag will das Bundesinnenministerium offenbar Details zu dem Projekt bekanntgeben.
gri/jj (dpa, epd, afp)