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Anklage gegen Wirecard-Chef Braun

14. März 2022

Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und gewerbsmäßiger Bandenbetrug - die Münchener Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen Wirecard-Chef Markus Braun erhoben. Der sieht sich als Opfer.

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Wirecard-Untersuchungsausschuss - ehemaliger Vorstandsvorsitzende von Wirecard Markus Braun
Markus Braun - hier vorgeladen beim Untersuchungsausschuss im November 2020Bild: Fabrizio Bensch/Reuters Image/dpa/picture alliance

Vor Aktionären und Investoren trat Wirecard-Vorstandschef Markus Braun über Jahre als zuversichtlicher Technologieprophet auf. Für die Staatsanwaltschaft steht nun aber fest: Braun ist ein Bandenchef, der Milliarden erschwindelte. Nach mehr als eineinhalbjährigen Ermittlungen hat die Münchner Staatsanwaltschaft Anklage gegen den ehemaligen Wirecard-Chef und zwei weitere frühere Top-Manager des insolventen Zahlungsdienstleisters erhoben.

Neben Braun sind der frühere Wirecard-Accountingchef Stephan Freiherr von E. und der frühere Chef eines Wirecard-Unternehmens in Dubai, Oliver B., angeklagt.

Die Ermittler werfen ihnen auf 474 Seiten Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue in mehreren Fällen und eben gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor, wie die Staatsanwaltschaft München mitteilte. Er soll gemeinsam mit anderen seit 2015 die Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um insgesamt 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben - davon 1,7 Milliarden Euro an Krediten und weitere 1,4 Milliarden an Schuldverschreibungen. Braun unterschrieb laut Anklage wissentlich die falschen Bilanzen.

Früherer Wirecard-Firmensitz in Aschheim, Bayern
Früherer Wirecard-Firmensitz in Aschheim, BayernBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Ermittlungen besonders schwierig

Die Staatsanwaltschaft erklärte, die Ermittlungen in dem Fall hätten sich als außerordentlich schwierig und umfangreich erwiesen. So seien 340 Firmen, 450 Personen und über 1100 Bankverbindungen als relevant erkannt und bei entsprechender Bedeutung detailliert überprüft worden. Dazu seien in zahlreichen anderen Ländern auf der Welt Rechtshilfeersuchen gestellt worden. Im Fall einer Verurteilung drohen den drei Beschuldigten angesichts der massiven Vorwürfe lange Haftstrafen.

Soweit bekannt, sieht Braun sich selbst als Opfer seines ehemaligen Vorstandskollegen Jan Marsalek.Damals musste Wirecard wegen eines Bilanzlochs von 1,9 Milliarden Euro Insolvenz anmelden, der Aktienkurs stürzte ins Bodenlose. Insolvenzverwalter Michael Jaffe geht davon aus, dass das Geld nie existierte.

Der Österreicher Markus Braun sitzt seit 22. Juli 2020 ununterbrochen in Untersuchungshaft. Das Münchner Oberlandesgericht hatte die Staatsanwaltschaft bei der letzten regulären Haftprüfung zur baldigen Anklageerhebung gedrängt, da Untersuchungshäftlinge nicht unnötig lange ohne Urteil im Gefängnis sitzen sollen. Bevor es zum Prozess kommt, muss im nächsten Schritt das Landgericht München entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.

Fahndung nach Ex-Wirecardvorstand Jan Marsalek
Nach ihm wird weltweit gefahndet: Jan Marsalek, Ex-Finanzchef von WirecardBild: Daniel Bockwoldt/dpa/picture alliance

Jan Marsalek weiter Schlüsselfigur

Wirecard hatte im Ende Juni 2020 Insolvenz eingemeldet, nachdem das Unternehmen Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt hatte - das Geld war nicht auffindbar und ist bis heute verschwunden. Der mutmaßliche Bilanzbetrug hatte Wirecard 2018 auch zum Aufstieg in den Dax verholfen.

Als Schlüsselfigur der Affäre gilt neben Braun der frühere Vorstandskollege und Vertriebsvorstand Jan Marsalek, der im Sommer 2020 ins Ausland floh und seither untergetaucht ist. Gegen Marsalek wird anderweitig ermittelt, er ist bislang nicht angeklagt. Manipulationsvorwürfe gegen Wirecard gab es seit vielen Jahren, aufgedeckt worden war der Skandal von der britischen "Financial Times". Braun ist durch den Kollaps seines Unternehmens selbst ruiniert worden, da er nahezu sein gesamtes Vermögen in Wirecard-Aktien angelegt hatte.

nm/hb (rtr, afp, dpa)