Anne Frank, Maus und Freedom Hospital: Graphic Novels aus der Realität
Die Schrecken von Holocaust, Krieg und Massakern müssen nicht staubtrocken erzählt werden. Graphic Novels eröffnen neue Perspektiven und Zielgruppen - so wie der neue Comic über das Leben der Anne Frank.
Selbstbewusst und herausfordernd
Die aktuelle Graphic Novel über die Erfahrungen der Anne Frank zeigt eine selbstbewusste junge Frau, die den Lesern mit einem herausfordernden Gesichtsausdruck begegnet. Die Trickfilmzeichner Ari Folman und David Polonsky - Oscar-nominiert für "Waltz with Bashir" - kombinierten den Originaltext mit fiktiven Dialogen im Auftrag des Anne Frank Fonds in Basel, der die Rechte am Tagebuch hält.
Streng nach Vorlagen
Bereits 2010 war die Buchvorlage mit "Das Leben von Anne Frank - eine grafische Biografie" künstlerisch umgesetzt worden, in Auftrag gegeben vom Anne Frank Haus in Amsterdam. Der US-Zeichner Ernie Colón hielt sich in seinen Darstellungen weitgehend an die überlieferten Bilddokumente, das Buch ist im Vergleich zur nun veröffentlichten Graphic Novel sehr viel klassischer angelegt - und etwas bieder.
Der Holocaust als Katz- und Mausspiel
Besonders umstritten war die Darstellung des Holocaust als Katz-und-Maus-Spiel in den Comics von Art Spiegelmann. "Maus – Die Geschichte eines Überlebenden" erntete vor allem in Deutschland harsche Kritiken, weil die Darstellung das Grauen des Massenmords nicht abbilden könne und diesen trivialisiere. In den USA erhielt Spiegelmann dagegen den Pulitzer-Preis - den ersten für einen Comic überhaupt.
Kindheit unter Franco
Der Spanier Carlos Giménez zeichnete an einer Westernserie mit und lieferte Comics für eine Softporno-Reihe. 1976 zeigte brach sein Sinn für Politisches durch: Im zweibändigen Comic "Paracuellos. Auxilio Social" schilderte Giménez seine Kindheit in der Franco-Diktatur und die politischen Umbrüche in den 1970er Jahren.
Journalistische Reportage
Joe Sacco gilt als Erfinder der Comic-Reportage. Er arbeitet journalistisch, er reist und führt Interviews für seine Recherchen - so wie für die Vorbereitung zu "Gaza", einem Comic über Massaker der israelischen Armee an Palästinensern in den 1950er Jahren. Für Sacco, der auch aus dem Irak und Sarajevo berichtete, ist die Form des Comics eine Möglichkeit, dokumentarisch zu erzählen.
Bundeswehr in Afghanistan
Der Berliner Zeichner Arne Jysch erzählte 2012 in "Wave and Smile" die Geschichte einer Bundeswehreinheit in Afghanistan. Drei Kameraden sterben nach einem Anschlag, die Strategie des titelgebenden Winkens und Lächelns funktioniert nicht. Die Graphic Novel zeigt Soldaten in einem Einsatz, der politisch nicht als Krieg bezeichnet werden darf.
Im syrischen Untergrund
Opfer von Folter und Krieg finden Zuflucht im "Freedom Hospital", wo ihnen Freiwillige helfen. Der in Paris lebende syrische Zeichner Hamid Sulaiman lässt dort gegensätzliche Charaktere aufeinander treffen, darunter Oppositionelle, eine Reporterin, eine junge Frau, die vor ihrer Familie geflohen ist, einen Muslimbruder und einen Spion. Er zeigt, wie schnell sich die Fronten im Krieg verschieben.