Anschläge auf Christen in Ägypten
9. April 2017Der schwerste Anschlag ereignete sich beim Gottesdienst am Palmsonntag in der Stadt Tanta im Nildelta. Dort wurden laut Staatsfernsehen mindestens 25 Menschen getötet und 78 verletzt, als ein Sprengsatz explodierte. Nach dem Anschlag durchsuchten Sicherheitskräfte das Gebiet rund um die St. Georg-Kirche in der Stadt im Nil-Delta nach möglichen weiteren Sprengsätzen. Die Gemeinde hatte sich am Palmsonntag wie alle Christen weltweit auf das Osterfest in einer Woche vorbereitet.
Bombe unter dem Stuhl
In örtlichen Medien heißt es, der Sprengsatz sei unter einem Stuhl angebracht gewesen. An dem christlichen Feiertag war die Kirche zur Messe gut besucht. St. Georg ist dem Staatsfernsehen zufolge das größte christliche Gotteshaus der Region.
Präsident beruft nationalen Sicherheitsrat ein
Später detonierte auch in der Hafenstadt Alexandria vor einer koptischen Kirche ein Sprengsatz. Nach Behördenangaben wurden mindestens 16 Menschen getötet und 41 verletzt. Laut der staatlichen Zeitung "Al-Ahram" soll der Anschlag von einem Selbstmordattentäter ausgeführt worden sein.
Präsident Abdel Fattah Al-Sisi berief den nationalen Sicherheitsrat ein. Der Sprecher des Außenministeriums, Ahmed Abu Seid, sagte, es handele sich um weitere widerwärtige Taten gegen alle Ägypter. "Der Terrorismus trifft Ägypten erneut, dieses Mal an Palmsonntag."
IS reklamiert Anschläge für sich
Die Terrormiliz "Islamischer Staat" reklamiert e die Anschläge für sich. Die Explosionen in Tanta und Alexandria seien von den Dschihadisten verursacht worden, berichtete das IS-Sprachrohr Amak. Die Mitteilung konnte zunächst nicht unabhängig auf Echtheit untersucht werden.
Etwa zehn Prozent der mehr als 90 Millionen Bewohner Ägyptens sind koptische Christen. Sie leben trotz vereinzelter Spannungen weitgehend friedlich mit der muslimischen Bevölkerungsmehrheit zusammen.
Allerdings sieht sich die christliche Minderheit zunehmend gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt. Der Anschlag in Tanta ist der zweite auf Ägyptens Kopten innerhalb von sechs Monaten. Im Dezember waren bei einem Attentat nahe der größten Kathedrale der Kopten in der Hauptstadt Kairo fast 30 Menschen getötet worden. Damals bekannte sich die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu der Tat.
Bundesregierung kondoliert
Die deutsche Bundesregierung drückte nach dem Anschlag in Tanta ihr Mitgefühl aus. Regierungssprecher Steffen Seibert, teilte mit, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi kondoliert.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte in Berlin: "Das Kalkül der Täter, einen Keil in das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen zu treiben, darf nicht aufgehen."
Papst Franziskus drückt sein Beileid aus
Auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel treibt ein Ableger des IS sein Unwesen. Mitglieder der Terrorgruppe kündigten in mehreren Propagandavideos Angriffe auf Christen an. Im Februar flohen Hunderte ägyptische Christen aus dem Norden des unsicheren Gebiets.
Vorangegangen war eine Mordserie an Mitgliedern der religiösen Minderheit, hinter der die IS-Terrormiliz vermutet wird. Für Ende April ist ein Besuch von Papst Franziskus in Kairo angekündigt. Nach dem schweren Anschlag in Ägypten bekundete der Papst den Kopten und dem ägyptischen Volk sein Beileid. Er sei den Angehörigen der Opfer nahe und bete für eine Umkehr jener, die Terror, Gewalt und Tod säten, sagte der Papst beim traditionellen Angelus-Gebet auf dem Petersplatz.
haz/qu (rtr, dpa)