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"Apnoe-Tauchen soll Spaß machen"

Fabian Schmidt20. Juli 2015

Am Samstag hat ein Apnoe-Taucher in der Ruhr bei Essen einen Weltrekord im Fluss-Streckentauchen aufgestellt. Wir haben Apnoe-Tauchlehrer Peter Mülhens gefragt, was beim Luft-Anhalten im Körper passiert.

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Mensch vor Wasserwand (Foto: The Ocean Brothers).
Die Schönheit der Unterwasserwelt regt die Kreativität anBild: The Ocean Brothers

Die Tauch-Videos der Ocean Brothers

Am 18. Juli haben sich Apnoe-Tauch-Enthusiasten an der Ruhr - einem beschaulichen Fluss mitten in dem größten Industriegebiet Deutschlands, dem Ruhrgebiet getroffen.

Ziel der Taucher war es, einen Weltrekord aufzustellen. Schwer ist ihnen das nicht gefallen, denn die Disziplin "Fluss-Streckentauchen" gab es bis dahin noch gar nicht. Gewonnen hat der 30-jährige Berliner Jonas Krahn mit 225 Metern unter den Männern. Den Sieg der Frauen hat die 35-jährige Sarah Römer mit 126 Metern verbucht.

Deutsche Welle: Peter, [Taucher duzen sich] jeder hat ja schon mal die Erfahrung gemacht, dass man für kurze Zeit die Luft anhalten muss - zum Beispiel weil es irgendwo stinkt. Danach muss man dann richtig tief durchatmen - um "wieder zu Luft zu kommen". Wie schafft man es denn, auch länger die Luft anzuhalten.

Apnoe-Taucher beim Zeittauchversuch (Foto: DW/F. Schmidt).
Peter Mülhens: "Anfänger erzielen schnell gute Erfolge"Bild: DW/F. Schmidt

Peter Mülhens: Wir können willkürlich - eine bestimmte Zeit lang - unseren Atemvorgang bewusst steuern. Die ersten paar Sekunden ist das noch ganz angenehm, aber dann merkt man, dass es unangenehm wird. Irgendwann kann man nicht mehr die Luft anhalten: Der Körper verlangt nach Sauerstoff und man muss einfach atmen. Das Luftanhalten muss man also durch Training langsam lernen. Man muss versuchen, sich langsam zu steigern.

Es gibt bestimmte Atemübungen, die man machen kann. Yoga-Übungen sorgen zum Beispiel dafür, dass der obere Brustkorb flexibel bleibt und sich die Sauerstoffaufnahme durch Atemübungen verbessert. Es sind also viel Training und Übungen dafür nötig.

Wie lange kann denn ein "normaler" Apnoe-Taucher die Luft anhalten?

Wenn man als Neuling mit dem Apnoe-Tauchen beginnt, ist man erstaunt, welche Fähigkeiten man innerhalb kürzester Zeit entwickelt. Man ist dann ganz schnell auf zwei oder drei Minuten, aber der weitere Fortschritt wird sich sehr verlangsamen. Man kämpft schon sehr, wenn man auf vier oder fünf Minuten kommen will. Mit einem bisschen Training wird aber auch ein normaler Breitensportler irgendwann sechs Minuten schaffen.

Hochleistungs-Apnoe-Taucher schaffen dann sogar über neun Minuten. Was spielt sich denn im Körper ab, wenn man so lange die Luft anhält?

Das wichtigste ist die abnehmende Sauerstoffsättigung des Blutes. Man versucht also, durch eine effektive Atmung zuvor, eine hohe Blutsättigung zu bekommen. Auch die Senkung des Herzschlages ist entscheidend.

Durch völlige Entspannung kann man den Puls senken und erreicht dadurch einen geringeren Sauerstoffverbrauch. Das ist eigentlich das ganze Geheimnis daran: Durch Entspannung und Pulssenkung kommt man in die Lage, die Luft relativ lange anzuhalten.

Darüberhinaus gibt es im Wasser aber noch einen weiteren körperlichen Effekt. Nimmt man die Maske ab und taucht das Gesicht ins kalte Wasser findet eine sogenannte "reflektorische Pulsreduzierung" statt - reflexartig hört man auf zu atmen und der Puls geht plötzlich zurück. Das kann man zum Beispiel beim Babyschwimmen beobachten: Es ist ein angeborener Schutzreflex, der das Kind für wenige Sekunden vor dem Ertrinken schützt.

Wie langsam ist dann der Puls bei einem fitten Sportler - also etwa bei einem, der fünf Minuten schafft?

Wir haben mal eine Messung bei einer Apnoe-Veranstaltung gemacht. Mit dabei war ein Anästhesie-Arzt, der das wissenschaftlich ergründen wollte. Bei mir ist der Puls dann auf dreißig Schläge pro Minute heruntergegangen. Ich habe das nicht bemerkt - das war einfach die Folge der Entspannung. Aber der Anästhesie-Arzt sagte nur halb scherzhaft: "Wenn ein Puls soweit herunter geht, spricht man schon bald vom klinischen Tod." Hätte also ein Patient in der Anästhesie einen so niedrigen Puls, würden sofort alle Alarmleuchten angehen und man würde versuchen, den Puls des Patienten wieder zu stabilisieren.

Man muss aber sagen, dass die ganzen Wirkungen des Apnoe-Tauchens noch nicht völlig umfassend erforscht sind und man auch nicht alles darüber weiß, was sich dabei im inneren des Körpers abspielt.

Wenn der Puls schon so niedrig ist, scheint der Herzstillstand ja nicht mehr weit. Was gibt es denn für Gefahren beim Apnoe-Tauchen?

Ein Risiko ist immer, dass die kurzzeitige Sauerstoff-Unterversorgung des Gehirns zu einem Blackout führen kann. Der Körper hat eine Schutzfunktion: Wenn der Sauerstoffanteil im Blut absinkt, hat der Körper weiterhin das Bestreben, das Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen. Wenn dann dieser Zeitpunkt eintritt, schalten externe Körperfunktionen ab - eine Ohnmacht tritt ein. Wenn man dann wieder atmet dauert es etwa eine Minute, bis das Bewusstsein zurückkommt: Das Herz muss das Blut einmal durch den Körper pumpen. Atmet man dann normal weiter ist man direkt wieder da. Medizinische Folgen hat so etwas in der Regel überhaupt nicht, wenn der begleitende Taucher von der Gefahr weiß und auch weiß, wie er zu handeln hat. Dann ist es ungefährlich.

Apnoe-Taucher beim Zeittauchversuch (Foto: DW/F. Schmidt).
Der Apnoe-Taucher muss während der Übung vereinbarte Lebenszeichen von sich gebenBild: DW/F. Schmidt

Wie muss dieser Sicherungstaucher denn handeln?

Bei einem Zeittauchversuch müssen beide Taucher vorher feste Zeichen vereinbaren. Der Tauchende kann zum Beispiel einen Finger immer wieder etwas bewegen - als Zeichen, dass er noch bei Bewusstsein ist. Hört er plötzlich damit auf, dreht ihn der Sicherungstaucher auf den Rücken, damit er wieder atmen kann.

Beim Strecken- oder Tieftauchen begleitet der Sicherungstaucher den anderen im letzten Drittel des Tauchgangs und bleibt ganz dicht an ihm dran. Dann kann er im Notfall dessen Kopf schnell mit beiden Händen über die Wasseroberfläche heben: Maske ab, ansprechen, mal streicheln oder mal übers Gesicht pusten - und dann springt er direkt wieder an.

Und was hältst Du als Tauchlehrer im Breitensport von solchen Rekordversuchen?

Die Presse interessiert sich natürlich immer für Sensationsmeldungen - wenn ein einzelner möglichst tief - also weit über 100 Meter - herunter taucht oder besonders weit oder lange taucht. Es gibt aber viele Tausend Apnoe-Taucher, die sich einfach an dem Breitensport erfreuen - da wird eine maximale Tauchtiefe von 25 bis 30 Metern empfohlen. Ich halte von den Extremversuchen relativ wenig, denn wir wollen ja Freude an dem Sport haben und versuchen auch alle Gefahren auszuschließen, damit da auch nichts passieren kann.

Was reizt Dich an dem Sport?

Das schöne am Apnoe-Tauchen - im Vergleich zum Tauchen mit Ausrüstung: Man kann einfach Flossen anziehen, eine Maske und einen Schnorchel, und wenn es warm ist reicht eine Badehose aus. So kann man losziehen und Tauchen gehen - mit Begleitung! Selbst in einem deutschen See macht es viel Spaß, da braucht man ja nicht so tief zu tauchen. Der schönste Bereich liegt meistens sowieso oberhalb von zehn Metern und da kann man viel entdecken und sehen.

Peter Mülhens ist Apnoe-Tauchlehrer bei den Kölner Tauchflaschen - einem Verein des Breitensports.

Das Interview führte Fabian Schmidt.