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Chronologie: 4 Jahre Außenpolitik

Bettina Marx8. August 2013

Revolutionen im Nahen Osten, Finanzkrise in Europa, Wahlen in den USA - für die deutsche Außenpolitik waren die letzten vier Jahre besonders ereignisreich. Eine Chronologie.

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Außenminister Guido Westerwelle wird im Februar 2011 auf dem Tahrirplatz in Kairo umjubelt. Foto: DPA
Bild: picture-alliance/dpa

2009

Wechsel im Auswärtigen Amt: Nach der Bundestagswahl am 27.September wird in Berlin eine Koalitionsregierung aus CDU/CSU und FDP gebildet. FDP-Chef Guido Westerwelle wird neuer deutscher Außenminister. Er kündigt an, sich auch weiterhin um Parteipolitik und innenpolitische Belange kümmern zu wollen.

2010

Antrittsbesuch in den USA: Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am 3. Januar in die USA und trifft dort mit Präsident Barack Obama zusammen. Höhepunkt des Besuchs ist eine Rede Merkels vor beiden Häusern des US-Kongresses.

Neue Afghanistan-Strategie: Im Januar legt die Bundesregierung ihre neue Afghanistan-Strategie fest, in der dem Wiederaufbau des Landes eine zentrale Rolle zukommt. Die weiteren Säulen des Konzepts sind die Integration von gemäßigten Taliban sowie die Polizeiausbildung. Das Bundeswehrkontingent in Afghanistan soll um 500 auf 5000 Soldaten aufgestockt werden. Nur wenig später, im April, werden sieben deutsche Soldaten in Afghanistan getötet.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle und sein Lebensgefährte Michael Mronz bei den 100. Festspielen in Bayreuth im Juli 2011 Foto: DPA
Westerwelle und sein Lebenspartner MronzBild: picture alliance/dpa

Umstrittene Auslandsreise: Auf seiner ersten Lateinamerikareise besucht Westerwelle Argentinien, Chile, Uruguay und Brasilien. In seiner Delegation reisen zahlreiche Wirtschaftsvertreter mit und Westerwelles Lebenspartner, der Sportmanager Michael Mronz. Die Opposition wirft dem Außenminister vor, die Reise zu nutzen, um Mronz bei der Anbahnung von Geschäften zu helfen.

Deutsch-palästinensische Kooperation: In Berlin tagt am 18.Mai zum ersten Mal der deutsch-palästinensische Lenkungsausschuss. Er soll als Gegengewicht zu den seit 2008 jährlich stattfindenden deutsch-israelischen Regierungskonsultationen dienen und in Zukunft einmal im Jahr stattfinden.

Zusammen mit seiner Frau Eva Luise gibt Bundespräsident Horst Köhler im Schloss Bellevue in Berlin seinen Rücktritt bekannt. Foto: DPA
Köhlers bitterer AbschiedBild: picture-alliance/dpa

Schicksalhafte Auslandsreise: Bundespräsident Köhler besucht am 21.5. auf dem Rückweg von China die deutschen Truppen in Masar-i-Sharif in Afghanistan. Auf dem Flug nach Deutschland gibt er ein Radiointerview, in dem er erklärt, dass Deutschland seine wirtschaftlichen Interessen notfalls auch militärisch schützen müsse. Dieses Interview löst in Deutschland heftige Debatten aus und führt am 31. Mai zu Köhlers Rücktritt.

Präsidentenbesuch in Israel: Der am 30. Juni neu gewählte Bundespräsident Christian Wulff reist Ende November zu seinem Antrittsbesuch nach Israel. Zuvor hat das neue Staatsoberhaupt Polen, die Schweiz, Russland und die Türkei besucht.

Putin in Berlin: Am 26. November kommt der russische Ministerpräsident Wladimir Putin nach Berlin. Er schlägt Merkel die Einrichtung einer europäisch-russischen Freihandelszone vor. Merkel begrüßt die Idee grundsätzlich, sieht jedoch derzeit keine Chance auf eine rasche Verwirklichung.

2011

Mitglied im UN-Sicherheitsrat: Im Januar tritt Deutschland seine zweijährige Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat an. Am 1. Juli übernimmt es turnusmäßig für ein halbes Jahr den Vorsitz in dem höchsten Gremium der Vereinten Nationen.

Umbruch in der arabischen Welt: Am 14. Januar tritt der tunesische Präsident Zine al Abidine Ben Ali nach wochenlangen Protesten der Bevölkerung zurück und flieht aus dem Land ins Exil nach Saudi-Arabien.

Nur kurze Zeit später, am 11. Februar, tritt auch in Ägypten Staatschef Husni Mubarak unter dem Druck der Massendemonstrationen zurück. Die Bundesregierung begrüßt nach anfänglichem Zögern die weitgehend friedlichen Revolutionen in der arabischen Welt. Am 24. Februar reist Westerwelle nach Kairo und wird auf dem Tahrir-Platz begeistert gefeiert.

Massendemonstration auf dem Tahrirplatz in Kairo. Foto: APA
Hunderttausende feiern den Sturz MubaraksBild: picture-alliance/dpa

Enthaltung im Sicherheitsrat: Der Weltsicherheitsrat stimmt am 18. März über die Einrichtung einer Flugverbotszone in Libyen ab, wo sich die Proteste gegen Staatschef Muammar al Gaddafi inzwischen zu einem blutigen Bürgerkrieg entwickelt haben. Deutschland enthält sich auf Weisung Westerwelles der Stimme. Dies löst in der Bundesrepublik eine heftige Debatte aus.

Rückzug von der Spitze der FDP: Auch innerhalb der FDP wird über Westerwelle diskutiert. Er wird für den Absturz der Partei in den Umfragen verantwortlich gemacht. Nach seiner Rückkehr von einer Asienreise erklärt Westerwelle am 4. April seinen Rücktritt als Parteivorsitzender. Auch das Amt des Vizekanzlers gibt er ab.

Differenzen über die Siedlungspolitik: Am 7. April kommt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einem Besuch nach Berlin. Bei seinem Gespräch mit Merkel will er die Differenzen ausräumen, die sich an der israelischen Siedlungspolitik entzündet haben.

Merkel erhält von Präsident Obama die Freiheitsmedaille, die höchste Auszeichnung der USA. Foto: DPA
Ausgezeichnet in WashingtonBild: picture-alliance/dpa

Freiheitsmedaille für die Kanzlerin: Anfang Juni reist Merkel in die USA. In Washington bekommt sie von Präsident Barack Obama die höchste amerikanische Auszeichnung verliehen, die Freiheitsmedaille.

Reise nach Libyen: Am 13. Juni reisen Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel nach Libyen. In Bengasi erkennt Westerwelle den Übergangsrat der libyschen Rebellen als legitime Vertretung des libyschen Volkes an. Am 27. Juni erlässt der Internationale Strafgerichtshof in den Haag einen Haftbefehl gegen Gaddafi. Am 9. September wird er zur Fahndung ausgeschrieben. Am 20. Oktober wird er unter bis heute ungeklärten Umständen getötet.

Afrika-Konzept: Am 15. Juni verabschiedet das Bundeskabinett das Afrika-Konzept der Bundesregierung. Es soll eine gleichberechtigte Partnerschaft begründen und den wirtschaftlichen Austausch mit dem Kontinent fördern.

Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in voller Fahrt auf einem Testgelände. Foto: Krauss-Maffei Wegmann/DPA
Ein Leopard für die WüsteBild: picture-alliance/dpa/Krauss-Maffei Wegmann

Leopard-Panzer für Saudi-Arabien: Im Juli wird bekannt, dass der Bundessicherheitsrat die Ausfuhr von bis zu 200 Leopard-Panzern an Saudi-Arabien genehmigt hat. Dies führt in der Öffentlichkeit und im Deutschen Bundestag zu heftigen Diskussionen. Am 9. September erklärt Merkel in einer Rede, Deutschland müsse "Staaten, die bereit sind, sich zu engagieren, auch dazu befähigen." Dies schließe den Export von Waffen ausdrücklich mit ein. In einer weiteren Rede ein Jahr später fügt Merkel hinzu, Deutschland wolle regionale Mächte mit Waffen ausrüsten, um die Zahl deutscher Einsätze in Auslandsmissionen zu verringern. Diese Haltung wird als "Merkel-Doktrin" bekannt.

2012

Beziehungen zum Reich der Mitte: Am 2. Februar reist Merkel zu einem Besuch in die Volksrepublik China. Bei ihren Gesprächen mit der chinesischen Führung zeigen sich Differenzen in der Frage der Sanktionen gegen den Iran und bei den Menschenrechten. Im April kommt der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao zum Gegenbesuch nach Deutschland und eröffnet gemeinsam mit Merkel die Hannovermesse. Im August desselben Jahres reist die Kanzlerin erneut mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach China.

Gestaltungsmächste-Konzept: Am 8. Februar stellt Westerwelle das neue außenpolitische Konzept der Bundesregierung vor. Darin entwickelt er die Idee einer engeren Kooperation mit den als "Gestaltungsmächten" definierten aufstrebenden Staaten wie Indien, Brasilien, Malaysia, Indonesien und Kasachstan.

Umstrittenes Gedicht: Am 4. April veröffentlicht der Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Günter Grass in großen deutschen und ausländischen Zeitungen ein Gedicht, in dem er Israel scharf kritisiert. Dies führt zu einer lebhaften Debatte in den Medien und der Öffentlichkeit. Dabei wird Grass Antisemitismus vorgeworfen. Er findet aber auch Unterstützung für seine Position.

Der Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Foto: DPA
Unbequemer Dichter: Günter GrassBild: picture-alliance/dpa

Ehemalige Ministerpräsidentin im Gefängnis: Die seit August 2011 inhaftierte ukrainische Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko tritt am 20. April in den Hungerstreik. Sie protestiert damit gegen ihre Haftbedingungen. Zuvor hatten Ärzte aus Deutschland sie in der Haft untersucht und eine "ernsthafte Erkrankung" festgestellt. Die Bundesregierung hatte angeboten, Tymoschenko in Deutschland behandeln zu lassen. Bundespräsident Joachim Gauck sagt demonstrativ seine geplante Reise in die Ukraine ab.

Proteste gegen Merkel in Athen: Am 9. Oktober reist die Bundeskanzlerin nach Griechenland. Sie wird dort von Ministerpräsident Antonis Samaras und Staatspräsident Karolos Papoulias empfangen. Auf den Straßen der griechischen Hauptstadt finden gleichzeitig Demonstrationen gegen Merkel und die von ihr maßgeblich durchgesetzte Sparpolitik statt.

Deutsch-russische Regierungskonsultationen: Im Vorfeld des Treffens am 16. November in Moskau kommt es zu Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Russland. Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), kritisiert, dass der Kreml auf Repression und Konfrontation setze. Der Deutsche Bundestag fordert in einer Resolution von der Bundesregierung, im Dialog mit Russland stärker die Themen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Demokratie anzusprechen.

Nato-Beistand für die Türkei: Am 20. November bittet die Türkei die NATO um Beistand für den Schutz ihrer Grenze zu Syrien. Im Dezember beschließt der NATO-Rat, Patriot-Luftabwehrraketen im Grenzgebiet der Türkei zu Syrien zu stationieren. Auch Deutschland wird sich an dem Einsatz beteiligen. Der Bundestag stimmt der Entsendung von bis zu 400 Soldaten Mitte Dezember mit großer Mehrheit zu.

Eine deutsche Patriot-Raktenabwehrstellung in der Türkei Foto: REUTERS
Raketenabwehr in der TürkeiBild: Reuters

Palästina bekommt Beobachterstatus: Am 29. November nimmt die UN-Generalversammlung Palästina mit 138 Stimmen als Nichtmitgliedstaat mit Beobachterstatus auf. Präsident Mahmoud Abbas spricht von der Geburtsstunde Palästinas. Deutschland gehört zu den 41 Staaten, die sich der Stimme enthalten. Ursprünglich wollte die Bundesregierung dagegen stimmen.

2013

50 Jahre Elysee-Vertrag: Am 22. Januar findet in Berlin anlässlich der Feier zum 50. Jahrestag des Elysee-Vertrages eine gemeinsame Sitzung des Bundestages und der französischen Nationalversammlung statt.

Mitglieder des Bundestags und der französischen Nationalversammlung am 22.01.13 im Bundestag in Berlin während einer gemeinsamen Sondersitzung anlässlich des 50. Jahrestags des Elysee-Vertrages. Foto: DPA
50 Jahre Élysée-VertragBild: dapd

Mursi besucht Berlin: Am 30. Januar kommt der neue ägyptische Präsident Mohammed Mursi zu einem Antrittsbesuch nach Berlin. Der aus der Muslimbruderschaft stammende Politiker war bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen in Ägypten im Juni 2012 zum Staatsoberhaupt gewählt worden. In Deutschland wird er mit Zurückhaltung empfangen.

Bundesverteidigungsminister besucht deutsche Soldaten in Mali. Foto: REUTERS
De Maizière besucht MaliBild: Reuters

Einsatz in Mali: Am 19. Februar beschließt das Bundeskabinett, bis zu 330 deutsche Soldaten nach Mali zu entsenden. Sie sollen dort helfen, die malischen Streitkräfte auszubilden. Außerdem sollen drei Transall-Transportflugzeuge die Soldaten der westafrikanischen ECOWAS-Einsatztruppe an ihre Einsatzorte transportieren. Am 11. Januar hatten französische Truppen in Mali interveniert, um die vorrückenden islamistischen Kämpfer aufzuhalten. Die "Operation Serval" findet auf Bitten der malischen Regierung und mit Billigung der UNO statt. Am 22. März beginnt die Ausbildungsmission der Bundeswehr in Mali.

Besuch aus den USA: Der neue amerikanische Außenminister John Kerry besucht bei seiner ersten Auslandsreise am 25. Februar auch die Bundesrepublik. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Demokraten kennt Berlin aus seiner Kindheit, als sein Vater zwei Jahre in der Stadt stationiert war. Sein vordringliches politisches Ziel ist es, die Konfliktparteien im Nahen Osten wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.

Panzer für das Emirat Katar: Das deutsche Rüstungsunternehmen Krauss Maffei Wegmann gibt am 18. April bekannt, dass es Rüstungsgüter im Wert von 1,89 Milliarden Euro an das Emirat Katar liefern werde, darunter 62 Kampfpanzer des modernsten Typs Leopard 2 A7+.

Obama vor dem Brandenburger tor (Foto: REUTERS)
Obama in BerlinBild: Reuters

Obama in Berlin: Am 18./19. Juni besucht US-Präsident Barack Obama endlich Berlin, zum ersten Mal seit Beginn seiner Präsidentschaft. Der Besuch wird überschattet von Informationen, nach denen der amerikanische Geheimdienst NSA deutsche Staatsbürger flächendeckend ausspioniert. Obama erklärt, dies geschehe im Rahmen des Kampfes gegen den Terror und habe dazu beigetragen, mehrere Anschläge in Deutschland zu verhindern.