1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Arcandor auf der Suche nach Geldgebern

20. April 2009

Der hoch verschuldete Arcandor-Konzern, dem unter anderem Karstadt, Quelle und Thomas Cook gehören, braucht in den nächsten fünf Jahren fast eine Milliarde Euro. Mehrere Bereiche des Konzerns sind vom Rotstift bedroht.

https://p.dw.com/p/HaWh
Menschen laufen mit Regenschirmen vor der Zentrale von Arcandor in Essen (Foto: AP)
Der Konzern ist auf der Suche nach einem SchutzschirmBild: AP

Arcandor benötigt in den nächsten fünf Jahren zusätzlich zur ohnehin anstehenden Refinanzierung bis zu 900 Millionen Euro für eine Sanierung des Unternehmens. Das teilte der Konzern am Montag (20.04.2009) in Essen mit. Derzeit basiere das Refinanzierungskonzept vor allem auf einer weiteren Bankenfinanzierung.

Der Vorstandsvorsitzende von Arcandor Karl-Gerhard Eick tippt sich mit dem Finger an die Wange (Foto: AP)
Vorstandsvorsitzender Karl-Gerhard Eick kündigte rigoroses Sparen anBild: AP

Der Konzern ist bereits mit etwa achthundert Millionen Euro verschuldet. Mitte Juni muss Arcandor Kredite in Höhe von 650 Millionen Euro refinanzieren und steht darüber derzeit in Gesprächen mit Banken. In Bankenkreisen hatte es am Wochenende geheißen, die Finanzinstitute würden auf eine Kapitalerhöhung drängen.

Zusätzlich prüft der Vorstand nach eigenen Angaben auch Optionen für eine staatliche Unterstützung. Erste Sondierungsgespräche mit Vertretern des Bundes und der entsprechenden Landesregierungen seien bereits geführt worden.

Konzern mit drei Standbeinen

Der angeschlagene Handels- und Touristikkonzern verfügt über drei eigenständige Geschäftsbereiche: Thomas Cook, Primondo und Karstadt. Die Thomas Cook Gruppe erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr mit 57 Prozent den größten Teil des Konzernumsatzes. Die Gruppe hat ihren Sitz in England und ist an der Londoner Börse gelistet. Seine Versandhandelsaktivitäten bündelt der Konzern unter dem Namen Primondo. Dazu gehört auch Quelle. Primondo steuerte etwa ein Fünftel zum Arcandor-Umsatz bei. Drittes Standbein ist die Warenhauskette Karstadt, die dem Konzern einst auch seinen Namen gegeben hatte. Zu der Kette gehören auch mehrere Sportwarenhäuser, die Tonträger-Ladenkette WOM sowie einige so genannte Premiumhäuser, wie das KaDeWe in Berlin und das Alsterhaus in Hamburg. Auch die Karstadt-Gruppe trägt etwa ein Fünftel zum Umsatz des Konzerns bei.

Sparprogramm

Primondo und Karstadt sollen sich künftig jeweils auf das profitable Kerngeschäft konzentrieren. Dadurch solle sich der so genannte Cash Flow (Nettozufluss) des Konzerns verbessern; alle drei Sparten sollen künftig Gewinn erzielen. Dies sei wichtig, um mit den Banken ein mittelfristiges Finanzierungskonzept auf die Beine zu stellen, sagte der Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick am Montag in einer Telefonkonferenz.

Zur Umstrukturierung des Konzerns entsteht ein Vorstandsressort unter der Bezeichnung Atrys. Geschäfte, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören oder sanierungsbedürftig seien, werden diesem Ressort zugeteilt. Das neue Ressort werde getrennt in der Bilanz geführt, sagte Eick. Für die darin enthaltenen Geschäfte würden alle Optionen geprüft, etwa Verkauf, strategische Partnerschaften, Management-Buy-Out oder Schließungen.

Zu den nicht zum Primondo-Kerngeschäft gehörenden Einheiten zählen unter anderem der stationäre Einzelhandel von Quelle mit 115 Technikcentern und rund 1500 Quelle-Shops, Foto-Quelle, Küchen-Quelle, myby, der technische Kundendienst Profectis, das Logistiklager Linz sowie die Kundenzentren.

KaDeWe vor dem Verkauf?

Blick auf die Fassade über dem Haupteingang des Kaufhaus des Westens (KaDeWe) (Foto: AP)
Karstadt-Flaggschiff in Berlin: Das KaDeWe - 2007 feierte es seinen 100. GeburtstagBild: AP

Aus dem Karstadt-Portfolio werden acht Filialen (Kiel Alter Markt, Hanau, Kaiserslautern, Hamburg-Billstedt, Bottrop, Leipzig, Ludwigsburg, München Am Dom), die Karstadt Sports Filiale in Recklinghausen sowie die Premiumhäuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München dem zukünftigen Vorstandsressort zugeteilt.

Von den Umstrukturierungsmaßnahmen sind laut Eick rund 12.500 der 86.000 Konzernmitarbeiter betroffen.

Schwache Bilanz

Der Konzern hatte im Dezember für das Geschäftsjahr 2007/2008 ein Minus von 746 Millionen Euro ausgewiesen. Der Umsatz sank im Vergleich zum Vorjahr um 1,1 Prozent auf 19,9 Milliarden Euro. Die Konzernschulden wurden mit netto 802 Millionen Euro angegeben. (mas/det/ap/rtr)