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Asylbewerber aus dem Balkan abschrecken

Kay-Alexander Scholz8. Mai 2015

Der Flüchtlingsgipfel zwischen Bund und Ländern endete mit einem Schulterschluss: Die Asylverfahren sollen kürzer und effizienter laufen. Das soll durch mehr Personal und getrennte Verfahren geschafft werden.

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Angela Merkel, Thomas de Maiziere und Sigmar Gabriel, (Foto: Reuters)
Kanzlerin Angela Merkel mit Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (rechts) und Vize-Kanzler Sigmar GabrielBild: Reuters/H. Hanschke

Bisher wurden in Deutschland Asylbewerber - abgesehen von Sonderkontingenten wie zum Beispiel für Flüchtlinge aus Syrien - mehr oder weniger gleich behandelt. Das soll sich nun ändern, kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere nach einem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt an. "Wir brauchen die Kraft der Differenzierung durch getrennte Verfahren", so De Maiziere, "von der Aufnahme bis zur Rückführung". Zukünftig müsse unterschieden werden zwischen den Flüchtlingen, die eine hohe Chance haben, bleiben zu dürfen und denen, "von denen wir wollen, dass sie unser Land wieder verlassen".

Er hoffe, dass diese Message des Gipfels auch eine psychologische Wirkung in den Balkanstaaten entfalte. Dort werde schließlich sehr aufmerksam wahrgenommen, "was wir machen".

Nur wenige Wochen bis zur Abschiebung

In den ersten vier Monaten des Jahres sei die Hälfte der Asylbewerber aus dem Westbalkan gekommen - also aus Ländern, die entweder als "sichere Herkunftsstaaten" gelten, weswegen die Bewerber quasi keine Chance auf Asyl bekommen, oder aus Staaten wie Albanien, wo die Anerkennungsquote unter zehn Prozent liege, führte De Maiziere aus. Die Zahl der Asylbewerber aus dieser Region soll geringer werden.

Asylbewerberfamilie aus dem Kosovo (Foto: picture-alliance/dpa/P. Zschunke)
Kaum Chancen auf Anerkennung: Asylbewerberfamilie aus dem KosovoBild: picture-alliance/dpa/P. Zschunke

Konkret beschrieb De Maiziere, dass Flüchtlinge mit niedriger Chance auf Asyl gemeinsam untergebracht werden sollen. So soll dann aus der Unterkunft heraus konzentrierter abgeschoben werden. Nur noch wenige Wochen soll es dauern, bis es zum Vollzug kommt. Bisher scheitere eine konsequentere Abschiebung auch an der Tatsache, dass die Menschen schon dezentral untergebracht sind. Durch die auch angepeilte kürzere Verfahrensdauer solle es dann "normaler" werden, dass Verfahren in solchen Unterkünften abgewickelt werden, ergänzte Bundeskanzlerin Angela Merkel.

2000 zusätzliche Stellen

Geschafft werden soll das alles hauptsächlich durch mehr Personal. Schrittweise 2000 zusätzliche Stellen soll es im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geben. Schon in diesem Jahr sind 750 Stellen geplant. Insgesamt wird die Behörde dann 4800 Mitarbeiter haben. Auch bei der Bundespolizei und im Auswärtigen Amt soll es mehr Personal geben. Auch sollen dadurch konzentriert die 200.000 Altfälle bearbeitet werden können, bei denen das Verfahren schon länger als ein Jahr dauert.

Allerdings sind die Maßnahmen noch nicht beschlossen. Das soll erst bei einem Bund-Länder-Gipfel am 18. Juni geschehen. Der "Geist der heutigen Gespräche" habe sie überzeugt, dass die Maßnahmen auch zu schaffen seien, so Angela Merkel. Dazu gehörten auch Maßnahmen für die schnellere Integration von Flüchtlingen bei Sprache, Ausbildung und Beruf. Natürlich spiele bei allen diesen Maßnahmen Geld eine Rolle, so Merkel. Aber die Botschaft des Tages sei, dass alle Beteiligten gewillt seien, eine Lösung zu finden.

"Gesamtstaatliche Aufgabe"

Neben Merkel und De Maiziere nahmen der SPD-Vorsitzende und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel und - als Vertreter für die Bundesländer - die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen Hannelore Kraft und ihr bayerischer Kollege Horst Seehofer teil. Sie alle betonten den Schulterschluss als Ergebnis des Treffens und schlossen sich Merkels Bewertung an. Die Zeit der gegenseitigen Vorwürfe zwischen Ländern und dem Bund sei vorbei, die gemeinsame konstruktive Arbeit habe begonnen, sagte De Maiziere.

Es dürfe in der Asylpolitik nicht der Eindruck entstehen, dass die Verantwortlichen sich gegenseitig die Schuld zuschieben würden, so Gabriel. Asylpolitik sei eine gesamtstaatliche Aufgabe. Dass Deutschland sich als starkes und mitfühlendes Land zeige, das sei nicht Gott gegeben, so Gabriel weiter. Vor diesem Hintergrund habe er das Treffen als sehr vielversprechend empfunden. Auch müsse aufgepasst werden, dass es zu keiner neuen sozialen Spaltung komme, weil manche Kommunen wegen der steigenden Kosten für die Flüchtlinge andere Sozialausgaben nicht mehr bezahlen könnten.

"Wir schaffen das, weil wir uns einig sind", sagte Ministerpräsidentin Kraft. Der Schlüssel liege in einer kürzeren Verfahrensdauer, sie könne eine konkrete Entlastung für die Kommunen bringen. Die bestehenden Probleme zu lösen sei ein wirksamer Schutz gegen Radikalisierung und verhindere rechts wie links "Futter für Volksverführer", sagte Ministerpräsident Seehofer. Die Solidarität und Hilfsbereitschaft in den Kommunen zu erhalten sei wichtig, da es wohl noch viele Jahre hohe Asylbewerberzahlen geben werde. Das sei eine sehr ansprechende Sitzung heute gewesen, so Seehofer abschließend.