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Auch im Tod noch nah beim Lieblingsklub

21. Januar 2022

Die Liebe mancher Fußballfans geht über den Tod hinaus - sie möchten nah bei ihrem Verein beerdigt sein. Dafür gibt es in Deutschland eigens Fan-Friedhöfe. Aber auch international existiert dieses Phänomen.

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Schalke Fan-Feld
Das Schalker Fan-Feld existiert seit 2012Bild: Stiftung Schalker Markt

Bei eingefleischten Fußballfans schlägt das Herz in der Regel nur für einen einzigen Verein. Aber was passiert, wenn es irgendwann nicht mehr schlägt? Bei manchem glühenden Anhänger soll die Liebe über den Tod hinausgehen. Und er möchte ganz nah an seinem Herzensklub sein. Diese Möglichkeit gibt es - in Deutschland, aber auch international. 

Auf dem Schalker Fan-Friedhof etwa, der 2012 eröffnet wurde, können sich Anhänger der "Königsblauen" ihre letzte Ruhestätte reservieren. "Auf diesem Motto-Feld gibt es insgesamt 1904 Plätze", erklärt Ender Ulupinar der DW. Der Betreiber hegt und pflegt das 5000 Quadratmeter große Areal. Jetzt, nach zehn Jahren, "hat sich das Feld amortisiert", sagt Ulupinar, der früher bei der Schalker Amateurmannschaft im Tor stand. Eine dreistellige Anzahl von Bestattungen und Reservierungen existieren mittlerweile. "Bis dahin musste ich Geld investieren", sagt Ulupinar. Bei der Eröffnung habe man geglaubt, dass der Andrang größer sei. Dennoch: "Ich würde das jederzeit nochmal machen."  

HSV-Fanfriedhof eröffnet
Der HSV-Friedhof liegt direkt neben dem StadionBild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance

Der erste Fan-Friedhof in Deutschland wurde bereits 2008 in Hamburg eröffnet. Er liegt nur einen Steinwurf vom HSV-Stadion entfernt. "Die Menschen könnten dort den Torjubel hören, so nah ist das Motto-Feld am Stadion gelegen", sagte eine Mitarbeiterin des Betreibers der DW, die allerdings unerkannt bleiben möchte. Die Resonanz in Hamburg ist eher bescheiden. "Alle paar Monate meldet sich mal jemand. Wir hatten uns davon sicherlich mehr versprochen", sagt sie. 150 Plätze sind für die HSV-Fans vorhanden, gerade einmal 14 werden derzeit belegt oder sind reserviert. 

Asche auf dem Spielfeld

Die Möglichkeit, sich auf einem Vereinsfriedhof zur letzten Ruhe betten zu lassen, gibt es nicht nur in Deutschland. In Argentinien können sich Anhänger der Boca Juniors in Buenos Aires seit 2006 auf einem entsprechenden Grabplatz beisetzen lassen. Auch in England, dem Mutterland des Fußballs, wird von einigen Klubs auf besondere Weise an ihre verstorbenen Anhänger gedacht. Bei Manchester United etwa wurde die Asche des besonders treuen Fans William Moore auf dem Rasen des Stadions Old Trafford verstreut. Allerdings war das eine Ausnahme.  

Fußball-Friedhof in Argentinien
Seit 2006 können sich Fans der Boca Juniors auf einem Vereinsfriedhof beerdigen lassen Bild: DB Boca Juniors/dpa/picture alliance

Deutlich regelmäßiger erfüllen die Queens Park Rangers aus London diesen letzten Wunsch. Im Stadion an der Loftus Road wurde bereits die Asche von über 100 treuen Anhängern verstreut. Der Klub hat für diese Anlässe sogar einen eigenen Kaplan. In Deutschland ist diese Art der Bestattung wegen der Friedhofspflicht nicht möglich. 

Gedenkstätten für die Fans

Die Nachfrage auf der Insel ist groß - zu groß, um jedem Wunsch nachzukommen. Zudem kann die Asche den Rasen beschädigen, deshalb haben sich eine Anzahl von Klubs Alternativen ausgedacht: Manchester City, Liverpool, Arsenal, Aston Villa, Chelsea, Leicester City, Everton, Newcastle, Wolverhampton und auch die Glasgow Rangers und Celtic Glasgow haben sogenannte "Memorial Gardens" angelegt, Gedenkstätten, auf denen die Asche der Fans verstreut werden kann.  

Auch in Spanien wollen einige Anhänger ihrem Lieblingsklub noch im Tod ganz nahe sein. Der FC Barcelona ließ in seinem Stadion deshalb Grabnischen bauen. Ein so genanntes "Kolumbarium", eine Urnenhalle, in der ehemalige Spieler, Funktionäre aber auch zahlungskräftige Fans bestattet werden können. Ähnliches gibt es auch Atletico Madrid, Betis Sevilla und Barcelonas Stadtrivalen Espanyol. 

Reinhard Libuda auf Fan-Feld umgebettet

Und manchmal läuft es auch andersherum: Dann möchten nicht die Fans nah am Stadion beerdigt werden, sondern die Anhänger und der Klub selbst wollen eine verstorbene Vereinslegende nach ihrem Tod in der Nähe wissen. So kürzlich geschehen, als Schalke-Idol Reinhard "Stan" Libuda umgebettet wurde. Sein ursprüngliches Grab wäre nun, 25 Jahre nach seinem Tod, eingeebnet worden. Eine Faninitiative setzte sich dafür ein, dass Libuda auf dem Schalker Klub-Friedhof seine neue letzte Ruhestätte fand.

Das neue Grab von Reinhard Libuda auf dem Fan-Feld
Das neue Grab von Reinhard "Stan" Libuda Bild: Stiftung Schalker Markt

Zur Zeremonie waren auch einige alte Spiel- und Weggefährten gekommen, um Libuda noch einmal die Ehre zu erweisen: Klaus Fischer, Sigfried Held, Hannes Bongartz, Rüdiger Abramzcik, Helmut und Erwin Kremers und noch einige mehr waren zum Schalker Fan-Feld im Schatten der Gelsenkirchener Arena gekommen.

"Er war ein ganz bescheidener Junge, hat wenig gesprochen. Aber er war ein ganz toller Fußballer", sagte Held der DW. Der 79-Jährige konnte gemeinsam mit Libuda einst mit Borussia Dortmund den ersten Europapokalsieg einer deutschen Mannschaft erringen. Und auch Hannes Bongartz, ehemaliger Teamkollege bei Schalke, geriet ins Schwärmen. "Ein ganz freundlicher und fröhlicher Junge. Es ist wirklich toll, dass ich noch mit ihm gemeinsam spielen konnte", so Bongartz zur DW. 

"Wir Schalker sind jedenfalls dankbar, unsere ehemalige Nummer sieben weiterhin in unserer Nähe zu haben. Nah bei Königsblau - wo Reinhards Herz meist besonders glücklich schlug", sagte Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel. Und ganz nah bei den Fans und dem Verein.