Skiurlaub im österreichischen Montafon
30. Oktober 2015
Wenn sein Arbeitstag beendet ist, zieht Markus Fessler-Jenny seinen Skihelm mit Helmlampe an, schnallt sich seine Skier unter und saust die Piste hinab, die gerade frisch für den nächsten Tag präpariert wurde. Der 44jährige hat einen Traumjob: Der begeisterte Ausdauersportler arbeitet für das Fremdenverkehrsamt des Montafon, ein Skiparadies im äußersten Westen Österreichs.
Wer sich im Montafon nach Ruhe sehnt, der ist am besten in Gargellen aufgehoben. Es ist das höchst gelegene Dorf im Tal. Bis zu den 1920er Jahren war es nur von Frühjahr bis Herbst bewohnt. Auch heute wird im Winter der Schnee nicht geräumt. Alles ist weiß. Nur der Zwiebelturm der Kirche ragt heraus. Die Abende sind still. Die meisten Skifahrer kehren am Ende des Tages zu ihren Hotels im Tal zurück.
Kirschlikör und Sonnenbrand
Im Hotel Madrisa in Gargellen wird erstaunlich viel Englisch gesprochen. Das Publikum ist international. Vielleicht ist das deshalb so, weil auch der berühmte amerikanische Autor Ernest Hemingway, damals 20 Jahre jung, hier seinen Skiurlaub verbrachte. "Skifahren war damals nicht dasselbe wie heute", erinnerte er sich später. "Es gab keine Skiwacht. Wer den Berg hinunter wollte, musste vorher rauf klettern. Davon wurden auf jeden Fall die Beine fit für die Abfahrt."
Im Ort kannte man Hemingway als "schwarzen, Kirsch trinkenden Christus". Den Spitznamen verpassten ihm die Einheimischen, weil sein Gesicht oft tiefrot und sonnenverbrannt war. Man erzählt sich, dass er gerne Poker mit dem Polizeichef spielte und dabei flaschenweise Kirschlikör kippte. Zwei aufeinander folgende Winter verbrachte der Nobelpreisträger im Montafon.
Das war in der Saison 1924 und 1925. Zuerst brachte der damals noch unbekannte Schriftsteller seine Frau Hadley Richardson aus Paris mit. Ein Jahr später kam er mit dem gemeinsamen Sohn, hatte aber noch genug Zeit, um sich mit seiner Geliebten Pauline Pfeiffer zu treffen.
In der Stille des Winters fuhr er Ski und überarbeitete den Roman "Fiesta" und Teile der Kurzgeschichte "Schnee auf dem Kilimandscharo". "Er war ein zäher Hund", sagt Fessler-Jenny. Und offensichtlich hatte er auch noch einen Riecher für schöne Orte auf dieser Welt.
Konkurrenz für die Schwergewichte
Skifahrer müssen heutzutage nicht mehr zu Fuß die Berge hinauf. Es gibt fünf Skigebiete in dem 39 Kilometer langen Tal in Vorarlberg. Das Tal wird im Norden von der Verwallgruppe und im Süden vom Rätikon und der Silvretta begrenzt. Das mit Abstand bekannteste Skigebiet ist Silvretta Montafon. Es hat 140 Kilometer Pisten und entstand erst vor acht Jahren, als die rivalisierenden Skigebiete Hochjoch und Silvretta Nova fusionierten.
Seit vier Jahren erst verbindet sie die Grasjoch Seilbahn. "Der Zusammenschluß war ein Quantensprung für uns", sagt Peter Marko, Direktor von Silvretta Montafon. "Die Konkurrenz hat keinem gut getan." Die beiden Skigebiete hatten sich gegenseitig mit immer billigeren Ticketpreisen unterboten. Und zwar solange, bis kein Geld für Investitionen mehr übrig blieb. Der 51jährige hatte zuvor in Sölden und Kitzbühel Karriere gemacht, beides echte Schwergewichte im Skibusiness. Nun will er das etwas verträumte Vorarlberg fit für die Zukunft machen. "Jedes Jahr wird unser Stück vom Kuchen größer. Wir machen den Großen Konkurrenz." Marko träumt von neuen Hotels und höheren Preisen. Aber als Erstes will er den Hauptlift sanieren. "Damit haben wir erst einmal genug zu tun.“
Regionale Architektur und reifer Käse
In gewisser Hinsicht klingen seine großen Pläne wie eine Drohung. Bis jetzt ist das Montafon eine ruhige, bescheidene Gegend, hier werden noch Kultur und Tradition gelebt. Das Montafon hat etwas Urwüchsiges. Da sind zum Beispiel die Maiensässen. Das sind mitten im Wald gelegene Almen mit Hütten und Ställen. Sie liegen zwischen 1200 und 1600 Metern Höhe. Im Sommer weiden die Bauern hier ihre Kühe. Weil sie so romantisch wirken, sind sie auch ein beliebtes Ziel für Kurzurlauber und Erholungssuchende.
Auch in den Tälern kann man noch regionale Architektur entdecken. Die Häuser dort sind Stilmix aus dem rätoromanischem Steinhaus und dem aus Holz gebauten Walserhaus. Und auch die Speisekarten geben sich traditionsbewusst. Der "Sura Kees" fehlt nirgendwo. Es ist eine aus Sauermilch gereifte Käsespezialität, die im Montafon seit dem 12. Jahrhundert hergestellt wird.
In seiner Erzählung "Gebirgsidyll" beschreibt Hemingway eine Skitour von Schruns nach Galtür.