Auf der Abschussliste
23. September 2016Man muss nicht promoviert haben in Sportwissenschaften oder Fußballogie, um sich von vornherein festzulegen: Der Hamburger SV wird in seinem Heimspiel gegen den FC Bayern München keine Chance haben. Einen Punkt nur haben die Hamburger bisher aus vier Partien in dieser Saison gesammelt, zuletzt beim Aufsteiger SC Freiburg nach einer erschreckend schwachen Vorstellung verloren.
Und jetzt kommt am Samstag (15:30 Uhr MESZ im DW-Liveticker) der Tabellenführer, für den HSV-Trainer Bruno Labbadia voll des Lobes ist: "Die Individualisten bringen sich alle in die Mannschaft ein. Das ist die große Stärke, und das macht Bayern München so außergewöhnlich in den letzten Jahren", lenkt Labbadia die Aufmerksamkeit auf den Gegner und damit ab von den eigenen Problemen.
Für die Beobachter ist klar: Jeder Tag auf der Hamburger Trainerbank könnte sein letzter sein. Sobald ein geeigneter Nachfolger gefunden ist, wird Labbadia vom Hof gejagt. "Ich kann Ihnen sagen, dass ich komplett bei mir selbst bin", nimmt er der Journalistenschar bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Bayern den Wind aus den Segeln. "Ich versuche, auf die Dinge einzuwirken, auf die ich Einfluss habe. Ich muss mich und die Mannschaft auf das Spiel am Samstag fokussieren."
Keine Frage, ob - sondern wann?
Hinter den Kulissen ist der Fokus klar auf Veränderung gerichtet. Der Name von Hoffenheims Julian Nagelsmann wabert durch die Gerüchteküche als Nachfolger des glücklosen Trainers. Und die von Andre Breitenreiter und Markus Gistol, beide momentan vereinslos. Auch damit wird Labbadia konfrontiert. Geduldig seine Antwort: Momentan habe er keine Zeit, sich damit zu beschäftigen. Er wünsche sich, dass das Thema "vor allen Dingen an der Mannschaft abprallt. Ich persönlich kann damit umgehen."
Die Mannschaft ist ohnehin verunsichert. Und natürlich bekommt sie auch die Diskussion um die sportlichen Führungskräfte mit, Profis wie René Adler stärken ihrem Noch-Chefübungsleiter demonstrativ den Rücken. Kein Wunder - innerhalb zweier Jahre mussten sie sich an vier Trainer gewöhnen. Das Sagen im Klub hat dem Vernehmen nach längst Geldgeber Klaus-Michael Kühne. Und der holt sich die Expertise bei Spielerberater Volker Struth, einem einflussreichen und erfolgreichen Mann, der Marco Reus und Toni Kroos unter Vertrag hat, bis vor Kurzem auch Mario Götze.
Doch jener Struth gilt in Branchenkreisen als durchaus streitbar. Mit den Bayern macht er nur ungern Geschäfte, sein Verhältnis zu Labbadia soll nach Informationen des Fachmagazins "Kicker" "nicht optimal" sein. Das Trainerteam wird in das Scouting, berichtet der "Kicker", kaum noch einbezogen. Und so dürfte eine Niederlage jetzt gegen die Bayern (Labbadia: "Ich muss sagen, das ist keine schlechte Mannschaft") gar nicht so ungelegen kommen, um den Ungeliebten loszuwerden. Die Historie meint es nicht gut mit Labbadia: Letzter Bundesliga-Sieg gegen die Bayern: 26. September 2009. Die Bilanz seither: 6:47 Tore in 13 Partien...
Weinzierl muss liefern
Noch fest im Sattel sitzt Schalkes Coach Markus Weinzierl. Obwohl der, wie die "Bild"-Zeitung recherchiert hat, "schon so schlecht wie Magath" ist. Vier Niederlagen zu Saisonbeginn, das war auch Felix Magath vor sechs Jahren passiert. Wenige Monate später musste er Schalke 04 verlassen. Mit dem Unterschied, dass Weinzierl gerade erst begonnen hat in Gelsenkirchen. Noch werden sie Nachsicht walten lassen mit dem Neuen. Aber viele Misserfolge darf er sich nicht mehr erlauben, sonst sind die Mechanismen des Marktes nicht mehr aufzuhalten. Ein Sieg muss her am Sonntag in Hoffenheim (15:30 Uhr MESZ im DW-Liveticker), damit Ruhe einkehrt bei den traditionell unruhigen Knappen.
Nouri nur eine Kurzzeitlösung
Seine Chance auf eine Entfristung hat Alexander Nouri bei Werder Bremen wohl schon vertan. Nicht nur, dass sein Einstand als Interimstrainer für den gerade entlassenen Viktor Skripnik mit 1:2 gegen Mainz in die Hosen ging - Nouri kassierte auch noch eine Strafversetzung auf die Tribüne. Womit er seiner Mannschaft natürlich einen Bärendienst erwiesen hat, denn der Mainzer Siegtreffer fiel justament, als sich Nouri fern des Spielfeldes auf einem gemeinen Zuschauerrang niederlassen wollte. Nun geht es für das Tabellenschlusslicht am Samstagabend im "Topspiel" gegen den VfL Wolfsburg um Schadensbegrenzung, damit der nächste Werder-Trainer nicht völlig bei Null anfangen muss.
Spitzenspiel Köln - Leipzig
Die restlichen Trainer dürften vor diesem fünften Spieltag doch recht fest im Sattel sitzen. Mönchengladbachs Saisonstart ist zwar eher durchwachsen, aber André Schubert hat nichts zu befürchten, wie auch sein Gegenüber am Samstag, Trainer Markus Kauczinski beim FC Ingolstadt. Obwohl man dort erkennen muss, dass die zweite Bundesliga-Saison oft schwieriger als die erste ist.
Außerdem hat es Mainz 05 mit Bayer Leverkusen zu tun, der FC Augsburg empfängt Darmstadt 98, was insofern eine gewissen Brisanz mit sich bringt, als die Augsburger den Darmstädtern doch Trainer Dirk Schuster weggekauft haben. Nun also tritt Schuster gegen seinen alten Arbeitgeber an.
Eintracht Frankfurt, gut in die Serie gestartet, misst sich mit der Berliner Hertha, die gerade am Mittwoch vom FC Bayern auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde. Und zum Abschluss, am Sonntagabend, treffen die beiden größten Überraschungen bisher aufeinander: Der zweitplatzierte (!) 1. FC Köln hat den noch ungeschlagenen Aufsteiger aus Leipzig zu Gast.