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Auf der Suche nach dem Sprit von morgen

Klaus Deuse
26. November 2020

Die Aral-Forschung in Bochum arbeitet an der Entwicklung von synthetischen Kraftstoffen, die aktuelle Motoren schon heute vertragen. Für Premium-Hersteller Porsche hat der Verbrennungsmotor weiter eine Zukunft.

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Deutschland | Aral-Forschung in Bochum
Bild: BP Europa SE

Mit rund 2400 Stationen betreibt Aral das größte Tankstellennetz in Deutschland. Der Absatz an den Zapfsäulen belief sich im vergangenen Jahr auf circa neun Milliarden Liter Kraftstoffe. Damit bringt es Aral nach Angaben des Energieinformationsdienstes (EID) auf einen Marktanteil von 21 Prozent. Die Tankstellen mit der blauen Raute als Firmenlogo gehören also dem deutsche Branchenprimus.

Auch wenn die Automobilindustrie ihre Produktpalette mit zunehmend größerer Reichweite aufstockt, ist damit das Ende des Verbrennungsmotors noch nicht besiegelt. Bei der Aral-Forschung in Bochum wird intensiv an der Entwicklung moderner Kraftstoffe wie synthetischem Diesel sowie Bio- und Elektrosprit gearbeitet.

Einige Millionen Euro lässt sich Aral die Forschung am Standort Bochum wert sein. Wie viele Millionen das genau sind, dazu macht das seit 2002 zum BP-Konzern gehörende Unternehmen keine genaueren Angaben. Dabei geht es nach den Worten von BP-Europa-Vorstandschef Wolfgang Langhoff auch noch "um die ständige Verbesserung vorhandener Kraftstoffe".

Deutschland | Aral-Forschung in Bochum
Die Zukunft des motorisierten Verkehrs muss nicht unbedingt elektrisch sein - vielleicht tut es auch synthetischer SpritBild: BP Europa SE

Ergänzung, nicht Konkurrenz

Doch der Blick ist in die Zukunft gerichtet. Es geht um nicht weniger als um die Entwicklung völlig neuer Kraftstoffe und somit um die Geschäftsgrundlage für die kommenden Jahre. Insofern setzt Langhoff auf eine möglichst große Technologieoffenheit in der Debatte um die Mobilität der Zukunft. Forschung braucht Zeit.

Ermunternde Signale kommen jedenfalls aus der Automobilindustrie. So hält Porsche-Chef Oliver Blume einen serienmäßigen Einsatz synthetischer Kraftstoffe schon in etwa zehn Jahren für möglich. Synthetische Kraftstoffe stehen laut Blume "nicht in Konkurrenz zur Elektromobilität, sondern in Ergänzung." Und Audi-Chef Markus Duesmann erteilte gerade Wasserstoff und Brennstoffzelle eine Absage: "Wir können den für den Antrieb nötigen Wasserstoff in den nächsten Jahrzehnten nicht in ausreichender Menge CO2-neutral produzieren. An Wasserstoff für den Einsatz im Auto glaube ich daher nicht", sagte er der Wochenzeitung Die Zeit. "Die Lösung für den Pkw ist die Batterie." Und bis die in ausreichender Zahl vorhanden ist, wird wohl weiter Kraftstoff gebraucht. 

"Ziel: Energiemix für unterschiedlichste Antriebe"

Die Aral-Forschung in Bochum besteht seit über 100 Jahren. Heute arbeiten auf dem 27.000 Quadratmeter großen Areal in der Ruhrgebietsstadt rund 100 Techniker, Ingenieure und Naturwissenschaftler u.a. an der Entwicklung von E-Fuels, bei denen Erdöl durch einen anderen Rohstoff ersetzt wird. Darüber hinaus geht es in den Laboren um aus erneubarem Strom hergestellten Wasserstoff, der für die Kraftstoffproduktion genutzt wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von synthetischem Diesel, der den Stickoxid-Ausstoß (NOx) auf die Hälfte reduzieren soll.

Deutschland | Aral-Forschung in Bochum
Auf dem Rollenprüfstand der Bochumer Aral-Forschung ist nicht nur das Auto sauber, sondern idealerweise auch die AbgaseBild: BP Europa SE

"Wir gehen davon aus", sagt der Leiter der Forschung Peter Sauermann, "dass es künftig einen Mix aus unterschiedlichen Antriebssystemen auf unseren Straßen geben wird." Und er fügt hinzu: "Auch beim Thema Wasserstoff sehen wir großes Potential hinsichtlich der CO2-Vermeidung, insbesondere im Lkw-Bereich." Bei einer ausreichenden Nachfrage sehe man sich bereits jetzt durchaus in der Lage, entsprechende Betankungsmöglichkeiten an den Stationen zu installieren.

Aral, so Pressesprecher Detlef Brandenburg, "ist dabei, sich zu wandeln. Von einem Mineralölkonzern zu einem integrierten Energieunternehmen, das einen breiten Energiemix für unterschiedlichste Antriebskonzepte zur Verfügung stellt." Dazu gehört auch die Installation von 100 ultraschnellen Ladepunkten mit einer Ladeleistung von bis zu 350 kW, die mit grünem Strom versorgt werden. Bis Ende Juli 2021 soll die Installation abgeschlossen sein. "Dort können dann geeignete Elektroautos in rund zehn Minuten für eine Reichweite von bis zu 350 Kilometern aufgeladen werden." Gleichwohl geht man bei Aral davon aus, dass auch künftig Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in vielen Anwendungsbereichen weiter gefragt bleiben. Denn Verbrennungsmotoren "vertragen" durchaus auch synthetische Kraftstoffe.

Kraftstoff aus grünem Strom

Bei diesen E-Fuels handelt es sich um flüssige oder gasförmige Kraftstoffe, die auf Basis von grünem Strom, Wasser und CO2 künstlich hergestellt werden. Dabei wird in einem Schritt, erläutert Peter Sauermann, "Wasser mit Hilfe von grünem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Der Wasserstoff wird anschließend mit CO2 zur Reaktion gebracht."

Zapfpistole mit einem Tropfen
Dem Verbrennermotor scheint es weitgehend egal, welcher Brennstoff die Energie trägt, die er für seine Arbeit brauchtBild: picture alliance/dpa/U.Baumgarten

Das dazu benötigte CO2 könne man direkt aus der Luft, aus Bio- bzw. Reststoffen oder sogar aus Industrieabgasen gewinnen. Dieser Prozess, versichert Aral-Forschungsleiter Sauermann, "kann so gesteuert werden, dass unterschiedliche synthetische Kraftstoffe erzeugt werden, die sich in ihren Eigenschaften von konventionellem Benzin, Diesel oder Erdgas kaum unterscheiden." Auf die Frage, wie lange es noch bis zur serienreifen Großproduktion dauert kann, halten sich die Forscher indes noch bedeckt.

Sicher ist man sich aber in der Tauglichkeit des Kraftstoffes, an dem man noch ein wenig "feilen"muss. "Synthetische Kraftstoffe besitzen den großen Vorteil, dass für deren Einsatz die notwendige Infrastruktur bereits vorhanden ist", betont Detlef Brandenburg.

Außerdem lasse die bereits bestehende moderne Motorentechnik den Einsatz solcher synthetischer Kraftstoffe zu. Mit anderen Worten: Autofahrer könnten ohne teure Neuanschaffungen ihre aktuellen Fahrzeuge weiterhin nutzen. Immerhin kooperieren die Kraftstoffforscher mit allen großen Automobilherstellern. Nicht nur bei Porsche rechnet man damit, dass weniger als eine Dekade vergehen wird, bis diese synthetischen Kraftstoffe auf dem Markt zur Verfügung stehen.