1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Auf der Suche nach der anderen Welt

Thomas Bärthlein, z. Zt. Bombay16. Januar 2004

In der indischen Industriemetropole Bombay treffen sich derzeit Globalisierungsgegner zum vierten Weltsozialforum. Ihre Ziele: Kritik am weltumspannenden Kapitalismus und die Suche nach alternativen Politik-Modellen.

https://p.dw.com/p/4Zah
Rushhour für Globalisierungskritiker in BombayBild: AP


Zum Gipfeltreffen der Globalisierungskritiker werden rund 100.000 Menschen aus 150 Ländern erwartet, die sich unter anderem mit Welthandel, Nord-Süd-Fragen, Krieg und Frieden, Umweltschutz, Landwirtschaft, Rassismus und Gleichberechtigung befassen. Bis zum 21. Januar 2004 sind unter dem Motto "Eine andere Welt ist möglich" 1000 Veranstaltungen geplant. Andere Großveranstaltungen wie ein internationales Parlamentariertreffen oder ein Camp mit mehr als 10.000 Jugendlichen aus aller Welt kommen hinzu.

Ideologische Finanzierungshemmnisse

Lange umstritten war die Finanzierung des Treffens. "Wir haben von keiner Regierung Geld angenommen", erklärt Kamal Chenoy vom indischen Organisationskomitee die Position, auf die sich die Veranstalter schließlich geeinigt haben.

"Andere Institutionen wie die Ford- oder die Rockefeller-Stiftung, von denen die Organisatoren der Weltsozialforen in Porto Alegre Geld genommen hatten", betont Chenoy, "haben wir abgewiesen. Wir wollten kein Geld von Organisationen haben, von denen man denkt, dass sie auf der Seite der neoliberalen Globalisierung stehen." Auch von Firmen und multinationalen Konzernen habe man kein Geld genommen. Von anderen Organisationen wie Oxfam oder der Heinrich-Böll-Stiftung dagegen seien finanzielle Unterstützung akzeptiert worden.

Ausland finanziert Forum

Dennoch ist es in den indischen Medien derzeit ein wichtiges Thema, dass das Forum überwiegend aus dem Ausland finanziert wird. Und für einige Gruppen - vor allem aus dem maoistischen Spektrum - war das sogar Grund genug, mit "Mumbai Resistance" ein eigenes Forum ins Leben zu rufen.

"Also wenn einige unserer Freunde uns kritisieren, ist das ihr gutes Recht. Wir werden aber nicht anfangen, so zu reden, wie sie es tun", gibt sich Chenoy gelassen. "Denn wir halten das nicht für eine demokratische Sprache. Und unglücklich sind wir nicht über ihr Fernbleiben, schließlich kommen ohnehin so viele Leute, dass es schwer genug wird, alles im Griff zu haben."

Pluralität, die Vielfalt von Meinungen aus aller Welt, ist für eine so breit angelegte Veranstaltung entscheidend, argumentiert Kamal Chenoy - im Alltag Sozialwissenschaftler an der Jawaharlal-Nehru-Universität in Delhi. "Wir können doch nicht verlangen, dass es nur ein Modell für alle geben soll - wie man früher vom sowjetischen oder chinesischen Modell gesprochen hat. Die Tage sind nun wirklich vorbei!"

Regionale Themen im Mittelpunkt

Aus einer globalen Perspektive betrachtet, soll das Forum in Bombay neue Themen in die bisher von Lateinamerikanern und Europäern dominierte Bewegung der Globalisierungskritiker einbringen - religiöse Konflikte und die Unterdrückung der unteren Kasten in Indien beispielsweise.

Der indisch-pakistanische Dialog wird leider nicht in dem Umfang stattfinden wie ursprünglich geplant: Bisher erhielten nur 450 Pakistaner ein Visum zur Teilnahme am Sozialforum, vier Mal so viele hatten sich dafür interessiert. Immerhin, meint Kamal Chenoy mit einem Augenzwinkern, seien es schon wesentlich mehr als kürzlich beim asiatischen Sozialforum in Hyderabad, als ganze 20 Teilnehmer aus dem Nachbarland dabei sein durften. "Die politische Führung tut das eine", so Chenoy, "aber mit den Bürokraten auf den unteren Ebenen und den Geheimdiensten ist es etwas anderes - die brauchen Zeit, um sich zu ändern."