Ausverkauf an den Börsen
23. Oktober 2018Aus Sorge vor einem weltweiten Konjunktureinbruch haben Anleger am Dienstag die Flucht ergriffen. Sie warfen Aktien aus ihren Depots und deckten sich mit der "Anti-Krisen-Währung" Gold ein. Der Deutsche Aktienindex Dax sackte um über zwei Prozent auf 11.274 Punkte ab. Es war der größte Kursrutsch seit vier Monaten. Der EuroStoxx50 fiel um 1,5 Prozent auf 3141 Zähler und notierte ebenfalls so niedrig wie zuletzt Ende 2016. Auch die Wall Street setzte am Dienstag ihren Abwärtstrend fort, der Dow Jones-Index verlor zum Handelsstart über zwei Prozent oder 500 Zähler und rutschte unter die Marke von 25.000 Punkten. Im weiteren Verlauf erholte sich der Dow allerdings deutlich und schloss nach einem Minus von 0,5 Prozent bei 25.191 Punkten.
"Schwächere Unternehmenszahlen aus den USA sowie die ungelösten Problemfelder Saudi-Arabien, Brexit, Italien und der schwelende Handelskonflikt der USA mit China lasten auf den Märkten", sagte Analyst Rolf Schäffer von der Landesbank LBBW.
Marktexperte Milan Cutkovic vom Broker AxiTrader warnte vor einem weiteren Rutsch des deutschen Leitindex: "Nach dem klaren Durchbruch unter 11.500 Zähler steht nun die Fortsetzung der Korrektur in Richtung 11.000er-Marke auf dem Plan." An den Märkten herrsche die Sorge, dass die Erwartungen für die Bilanzsaison zu hoch seien.
Aktienexperte Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets sieht auf die Börsen auch zunehmende Probleme aus China zukommen. "Der Druck aus dem Handelskrieg mit China und die Angst vor einer harten Landung der chinesischen Volkswirtschaft sind einfach zu stark." Zwar habe die Regierung in Peking kürzlich Steuersenkungen angekündigt, um die Konjunktur zu stützen. "Die Ursachen der Wirtschaftsschwäche - Überschuldung, hohe Zinsen und hohe Rohstoffpreise - sind aber weiter vorhanden."
Bange Blicke warfen Investoren auch nach Italien. Das Land liegt mit der EU-Kommission über Kreuz wegen seiner Budgetpläne für die kommenden Jahre. Die Brüsseler Behörde könnte den Entwurf zurückweisen und Änderungen verlangen, was eine Premiere wäre. Einem Zeitungsbericht zufolge ist die Regierung in Rom aber grundsätzlich bereit, die Pläne noch zu ändern. An den Anleihemärkten sorgte das zunächst für Erleichterung, die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatspapiere ging zurück.
Eine Feinunze Gold (31,1 Gramm) verteuerte sich um gut ein Prozent auf ein Dreieinhalb-Monats-Hoch von 1236 Dollar.
Bayer und Tech-Werte besonders gebeutelt
Einen schwarzen Tag erlebten Aktionäre von Bayer. Die Papiere des Pharma- und Agrarchemiekonzerns brachen um bis zu zehn Prozent ein, nachdem ein Gericht in den USA eine Klage im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichter Glyphosat bestätigte. Zwar wurde auch die Strafe verringert, für Bayer sei das Urteil aber dennoch enttäuschend, kommentierten die Analysten vom Bankhaus Lampe. Bayer-Aktien verloren in den vergangenen sechs Monaten mehr als 20 Prozent.
Unter Druck standen auch Technologie-Werte nach einem verhaltenen Geschäftsausblick des Apple-Zulieferers AMS. Er senkte seine Umsatz- und Ergebnisprognosen und schickte die Aktien um bis zu 31,5 Prozent nach unten. Dialog Semiconductor fielen um 4,2 Prozent, die im Dax notierten Titel von Infineon sackten um sechs Prozent ab. Der Branchenindex verlor 4,1 Prozent.
In Paris gerieten Aktien von Renault unter die Räder, sie verloren bis zu 5,3 Prozent. Der Umsatz des Autokonzerns sank im dritten Quartal unerwartet deutlich. Der ebenfalls französische IT-Spezialist Atos enttäuschte mit seinen Quartalszahlen, die Aktien brachen um mehr als 20 Prozent ein.
Einer der wenigen Gewinner an der Börse war Linde mit einem Plus von 1,2 Prozent. Die Titel hatten schon am Montag 3,6 Prozent zugelegt, nachdem der Spezialist für Industriegase die letzte Hürde genommen hat für die Fusion mit dem US-Rivalen Praxair.
hb/bea (rtr)