Zwischen Coronakrise und Chipmangel
3. August 2021Ob Fiat, Opel und Peugeot oder BMW - Europas Autobauer vermelden Milliardengewinne und Absatzrekorde allenthalben. BMW hat im ersten Halbjahr einen Nettogewinn von 7,6 Milliarden Euro verbucht - vor einem Jahr, mitten im Corona-Ausbruch waren es 362 Millionen Euro. Beim Umsatz lag das Plus bei gut 39 Prozent: Der Konzern aus Bayern lieferte 1,34 Millionen Fahrzeuge aus. Zur Gruppe gehören auch die Marken Mini und Rolls-Royce.
Allerdings präsentierte BMW auch einen wenig optimistischen Ausblick in die nahe Zukunft. "Wir rechnen auch im zweiten Halbjahr mit Produktionseinschränkungen und damit verbundenen Auswirkungen auf den Fahrzeugabsatz", erklärte Finanzvorstand Nicolas Peter am Dienstag in München. BMW erwartet wegen "diverser Risiken" wie der Rohstoffpreise und des anhaltenden Mangels an Halbleitern folglich ein angespannteres zweites Halbjahr.
Diese Risiken sehen Anleger an der Börse offenbar ähnlich. Unter ihnen machte sich wegen des Ausblicks Enttäuschung breit, und die BMW-Aktien verlor zwischenzeitlich über drei Prozent.
Stellantis gibt sich optimistischer
Bei Stellantis, dem Mutterkonzern der deutschen Marke Opel, versteckten sich solcherart Sorgen um Risiken für die nahe Zukunft in Nebensätzen bei der Vorstellung der Bilanz. Zum neugeschaffenen Riesenkonzern zählen Peugeot aus Frankreich und der Zusammenschluss von Fiat und Chrysler mit einer Vielzahl von Marken. Der Umsatz der neuen Gruppe sprang im ersten Halbjahr um immerhin 46 Prozent auf 75,3 Milliarden Euro. Beim Gewinn verbuchte Stellantis 8,6 Milliarden Euro - fast acht Milliarden mehr als vor Jahresfrist.
Für das laufende Jahr äußerte sich Konzernchef Carlos Tavares im Blick auf die Gewinnmarge denn auch optimistisch. Voraussetzung sei aber, dass sich die Chip-Krise nicht weiter verschärfe und es in der Pandemie nicht zu weiteren Lockdowns komme. Stellantis musste die Produktion wegen des Chipmangels in den sechs Monaten von Januar bis Ende Juni um 700.000 Autos kürzen. Im laufenden dritten Quartal würden deswegen 500.000 Autos weniger vom Band laufen, sagte Finanzvorstand Richard Palmer. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass der Chipmangel nicht noch schlimmer wird.
Die Chipkrise bleibt
Zumindest, was die Chip-Krise anbelangt, also den weltweiten Mangel an Halbleitern, gibt es nicht viele Optimisten in der Autobranche. Die deutschen Autobauer und ihre Zulieferer beklagen nämlich den größten Materialmangel seit 30 Jahren. Im Juli etwa spürten gut acht von zehn Unternehmen der Branche das Fehlen von Vorprodukten wie Chips. Das geht aus einer Erhebung des Münchner Ifo-Instituts hervor.
Das ist der höchste Wert seit dem Jahr 1991. Und die Mangelsituation samt Stillstand in der Produktion dürfte sich hinziehen: "Insbesondere die Engpässe bei den Halbleitern werden wohl noch eine Weile anhalten", vermutet der Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien, Oliver Falck.
Elektroautos made in Germany
Der Chipmangel wirkt sich nicht zuletzt auf die Produktion von Elektroautos aus, wo die deutschen Hersteller in der letzten Zeit einige Erfolge einfahren konnten. Weltweit jedes sechste Elektroauto stammt mittlerweile von einem deutschen Hersteller. Bei vollelektrischen Fahrzeugen stieg der Anteil deutscher Autobauer einer Marktstudie der Unternehmensberatung PwC zufolge im zweiten Quartal auf 17 Prozent, bei Plug-in-Hybriden auf 50 Prozent.
Der VW-Konzern, BMW und Mercedes-Benz verkauften im ersten Halbjahr insgesamt 246.000 Batterieautos und rund 370 000 Plug-in-Hybride. Dominiert wird der Markt für vollelektrische Autos laut PwC gegenwärtig noch von chinesischen und US-amerikanischen Herstellern.
ar/hb (afp, dpa, rtr)