Bach spricht nun auch von "Beweisen"
15. Dezember 2016Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will bei der Aufarbeitung des Dopingskandals in Russland nicht nur die Einzelfälle betrachten. "Wir werden die individuellen Athleten und die sie umgebenden Trainer und Betreuer durchleuchten, in einer Kommission unter Vorsitz des Schweizer IOC-Mitglieds Denis Oswald", sagte IOC-Präsident Thomas Bach in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Donnerstag-Ausgabe).
Bach sprach nicht mehr - wie noch nach dem ersten WADA-Report im Sommer - von "Indizien", diesmal habe Richard McLaren "Beweise" vorgelegt. Er habe den zweiten Bericht des WADA-Chefermittlers mit "Erschrecken" und "in Teilen auch innerer Wut" gelesen.
Weitere Sanktionsmöglichkeiten
"Wir werden alle Proben von russischen Athleten der Winterspiele 2014 in Sotschi noch einmal analysieren, insbesondere auf Spuren von Manipulation", erklärte der deutsche IOC-Chef. Das gleiche Verfahren solle auf alle russischen Athleten bei den Olympischen Spielen in London 2012 angewendet werden. Wenn es zu einer neuerlichen Analyse von Dopingproben der Winterspiele 2010 in Vancouver komme, werde "auch ein besonderes Augenmerk auf die russischen Athleten" gelegt.
Das System sei zwar laut McLaren-Report zum Staatsdoping in Russland damals noch nicht so organisiert gewesen, es habe aber "auf Trainingsgruppen-Ebene schon engere Netzwerke gegeben". Außer der Suspendierung eines gesamten NOK könne das IOC "eine Reihe" weiterer Sanktionsmaßnahmen ergreifen. "Unsere Durchsetzungsmöglichkeiten haben wir schon im Sommer aufgezeigt. Es hat in Rio keine Akkreditierung gegeben für Vertreter des russischen Sportministeriums", sagte Bach.
Aktive Sportler stehen ebenfalls auf der Liste
Schon damals seien die internationalen Wintersportverbände gebeten worden, keine neuen Wettbewerbe nach Russland zu vergeben. "Daher begrüßt das IOC die unserer Empfehlung folgende Entscheidung des Internationalen Bob- und Skeletonverbandes, die WM 2017 nicht in Sotschi auszutragen", betonte der IOC-Präsident.
Unterdessen rückt im russischen Doping-Skandal nun der Biathlonsport in den Fokus. Nach Veröffentlichung des McLaren-Reports liegt dem Weltverband IBU nach eigenen Angaben eine Liste mit insgesamt 31 dopingverdächtigen Russen vor. Darunter seien auch heute noch aktive Sportler, sagte Verbandschef Anders Besseberg der Deutschen Presse-Agentur.
Die Liste stamme von der WADA, die bei der Veröffentlichung ihres Berichts über staatlich organisiertes Doping zunächst keine Zahlen bestimmter Sportarten genannt hatte. Mehr als 1000 Sportler insgesamt sind nach WADA-Angaben zwischen 2011 und 2015 Teil einer institutionellen Betrugsmaschinerie gewesen.
sw/sn (dpa, sid, faz.net)