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Kretschmann als Regierungschef wiedergewählt

12. Mai 2016

Neue Machtformation in Stuttgart. Der baden-württembergische Landtag hat Winfried Kretschmann erneut zum Ministerpräsidenten bestimmt. Bisher leitete er eine grün-rote Koalition, jetzt ist es erstmals eine grün-schwarze.

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Wahl des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Kretschmann (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/R. Orlowski

Zwei Monate nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zur Wiederwahl gestellt und diese klar gewonnen. Nach der Einigung von Grünen und CDU auf eine Koalition unter seiner Führung wurde der 67-Jährige zum Regierungschef der bundesweit ersten grün-schwarzen Landesregierung gekürt. Für den Grünen-Politiker stimmten im Landtag in Stuttgart im ersten Wahlgang 82 Abgeordnete, 57 gegen ihn und einer enthielt sich. Damit bekam er zehn Stimmen mehr als nötig, aber sechs weniger, als das neue grün-schwarze Regierungslager Abgeordnete hat. In dem Landesparlament verfügen die Grünen über 47 Stimmen, die CDU über 42. In Teilen der CDU-Fraktion gibt es massive Vorbehalte gegen Kretschmann. Bei einer Probeabstimmung hatten ihn mehrere CDU-Abgeordnete abgelehnt.

Der Katholik legte seinen Eid auf die Landesverfassung mit der religiösen Formel ab: "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe." Zu den Abweichlern im grün-schwarzen Lager sagte er im SWR-Fernsehen: "Jeder kann abstimmen, wie er es für richtig hält." Er wolle als Ministerpräsident auch seine Kritiker von seiner Politik überzeugen.

Der CDU-Landeschef und künftige Innenminister Thomas Strobl reagierte auf die Abweichler in den eigenen Reihen sehr verärgert. Einige CDU-Abgeordnete hatten sich von ihm bei der Zusammenstellung der grün-schwarzen Kabinettsliste ignoriert gefühlt.

Neues Bündnis nötig

Die Spitzen der beiden Parteien hatten am Montag den ausgehandelten Koalitionsvertrag unterschrieben. Bei der Landtagswahl Mitte März waren die Grünen um den populären Kretschmann klar stärkste Kraft vor der CDU geworden, die bisher jahrzehntelang das politische Geschehen im Südwesten Deutschlands dominiert hat. Die bisherige grün-rote Koalition verlor ihre Mehrheit.

Kretschmann gilt als Urgrüner: 1979 gründete er die Partei im Südwesten mit. Von einigen Kernpositionen hat sich der Realpolitiker aber entfernt - zum Leidwesen des linken Flügels und manchmal auch seiner Bundespartei. Schwarz-Grün, so sagen viele im Ländle, passt zu ihm sehr gut. Im Politbarometer des ZDF im April nannten Teilnehmer der repräsentativen Umfrage Kretschmann sogar den wichtigsten Politiker Deutschlands. Er verdrängte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) von der Spitze.

"Differenzierter sehen"

Kurz vor der Abstimmung sprach sich Kretschmann für einen differenzierteren Umgang mit der Wählerschaft der AfD aus. "Wir müssen damit aufhören, uns dauernd über die AfD zu empören, wir müssen die Wählerschaft dieser Partei differenziert sehen", sagte Kretschmann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Ein Teil der AfD sei "rechtsradikal, den muss man in der Tat dämonisieren, aber alle anderen nicht", hob der Regierungschef hervor. Da müssten auch die Grünen dazulernen. Alle Menschen, die das Gefühl hätten, nicht mehr richtig dabei zu sein, müssten integriert werden. "Der verkürzte Integrationsbegriff meint nur Einwanderer - aber jemand, der 'Ausländer raus' ruft, ist auch nicht integriert", sagte Kretschmann.

Der Mega-Spitzenkandidat Kretschmann

Der Regierungschef übte auch Kritik an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "So groß mein Respekt vor der Bundeskanzlerin ist, man muss in längeren Linien denken", sagte er. Seinem Eindruck nach sei das "nicht so sehr der Beritt der Kanzlerin". Die Fehler im Umgang mit der Flüchtlingskrise lägen länger zurück. Im Wahlkampf in Baden-Württemberg hatte Kretschmann den Kurs Merkels in der Flüchtlingspolitik noch klar unterstützt.

kle/sti (dpa, afp)