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Balkan-Reise des Verteidigungsministers

22. April 2003

- Struck beendet Oster-Besuche bei deutschen Soldaten im Kosovo und in Bosnien

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Köln, 18.4.2003, DW-radio, Nina Werkhäuser

Seit Mitte der 90er Jahre sichert die SFOR den Frieden in Bosnien-Herzegowina, seit 1999 die KFOR im Kosovo. Die Bundeswehr hat an beiden Truppen erheblichen Anteil, und die Präsenz der Soldaten wird auch in näherer Zukunft weiter nötig sein.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat die deutschen Soldaten auf dem Balkan besucht (16.-18.4.), um sich selbst ein Bild von den Fortschritten und Problemen in den Einsatzgebieten zu machen. Im Kosovo war Struck unter anderem in einem zerstörten serbischen Dorf, dessen frühere Bewohner unter dem Schutz der KFOR langsam zurückkehren. Nina Werkhäuser berichtet:

Novake war einst ein serbisches Dorf im Süden des Kosovo, heute ist es ein Trümmerfeld. Während des Kriegs flüchteten die Einwohner aus Angst, später zerstörten Kosovo-Albaner ihre Häuser. Erst vor wenigen Wochen haben sich die ersten Serben in die Ruinen zurück gewagt - unter dem Schutz der KFOR, der internationalen Sicherheitstruppe. Ein Rückkehrer erzählt:

"Hier fühlen wir uns sicher, aber wir sind noch nicht in der Stadt gewesen."

Ein Panzer der Bundeswehr steht am Eingang des Dorfes, ein gepanzertes Fahrzeug neben der kleinen Kirche. Deutsche KFOR-Soldaten haben die Sicherung von Novake übernommen, Tag und Nacht beobachten sie das Dorf. Den Rückkehrern gibt das Sicherheit, aber nach Prizren, in die nächste Stadt, trauen sich noch nicht alle - aus Angst vor Feindseligkeiten. Das Rückkehr-Projekt ist für beide Seiten so heikel, dass deutsche KFOR-Soldaten es von langer Hand vorbereitet haben, erzählt Oberstleutnant Peter Wozniak:

"Insofern ist jetzt während unserer Zeit, wo die ersten 64 zurückgekommen sind, der entscheidende Schritt zunächst einmal getan, nämlich erst mal Menschen zurückzubringen, wenn auch nur 64. Aber es ist ein Beginn."

Den Flüchtlingen die Rückkehr ins Kosovo zu ermöglichen und ein sicheres Umfeld für alle Bewohner zu schaffen, daran arbeiten die über 26 000 KFOR-Soldaten täglich. Diese Aufgaben sind noch lange nicht erledigt, und so werden die Soldaten noch bleiben müssen, auch die knapp 3 800 deutschen. Fast vier Jahr nach Kriegsende schätzen die Kommandeure der KFOR die Lage als nicht stabil ein. Verteidigungsminister Peter Struck kann das deutsche Kontingent also nur langsam reduzieren.

"Die oberste Bedingung ist, die Sicherheit und die Stabilität in dieser Region nach wie vor zu gewährleisten, die Sicherheit, insbesondere für die ethnischen Minderheiten. Natürlich muss es aber unsere politische Zielrichtung sein, langsam aber sicher zu reduzieren, auch die Präsenz deutscher Soldaten. Allerdings immer unter der Bedingung: Es darf den Auftrag nicht gefährden. Je besser sich die Situation hier entwickelt, desto weniger Soldaten werden wir brauchen."

Auch bei den Kommandeuren der SFOR in Bosnien-Herzegowina gilt die Stabilität im Lande als nicht selbsttragend, auch nach fast acht Jahren internationaler Militär-Präsenz. Wäre die Stabilisation Force nicht mehr da, könnte die oberflächliche Ruhe in Chaos umschlagen, befürchten SFOR-Offiziere wie Peter Henn:

"Ich denke mal nur an die Vorfälle, die gewesen sind rund um Weihnachten herum, wo doch auf einmal Moscheen wieder geschändet wurden, wo Leute angegriffen wurden, wo es Tote im Raum nördlich von Mostar gegeben hat. Zwischen den Ethnien hier, da ist es nicht so ruhig, wie wir uns das normalerweise vorstellen."

Für die deutschen Soldaten auf dem Balkan heißt der Einsatz: sechs Monate weg von zu Hause, tagsüber patrouillieren, ansonsten im Feldlager sitzen. Mal eben ein Bier in der Stadt trinken, das ist nicht drin, aus Sicherheitsgründen. Vor allem in Bosnien wird die internationale Truppe ausspioniert und gelegentlich angefeindet, die Soldaten sind daher besonders vorsichtig. Trotz aller Probleme zieht Verteidigungsminister Peter Struck eine positive Bilanz der Bundeswehr-Einsätze auf dem Balkan:

"Einmal das hohe Ansehen, das die deutschen Soldaten hier bei der Bevölkerung haben sowohl im Kosovo als auch in Bosnien-Herzegowina, dann die hohe Motivation unserer Bundeswehr und drittens die gute Zusammenarbeit mit den Streitkräften anderer Nationen, die eigentlich der Beginn einer gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik oder auf dem Weg zu einer solchen ist."

Die Soldaten selbst finden ihren Einsatz sinnvoll, aber belastend und drängen den Verteidigungsminister immer wieder, die Einsatzdauer von einem halben Jahr zu reduzieren. Ein Anliegen, für das Peter Struck offene Ohren hat. (fp)