Ban verurteilt massive Gewalt in Kairo
19. Dezember 2011Mit zunehmender Sorge blickt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Richtung Ägypten. Die Lage in der Hauptstadt ist weiterhin angespannt. Trotz des rigorosen Vorgehens der Sicherheitskräfte haben sich die Demonstranten auch am Montag (19.12.2011) nicht aus der Kairoer Innenstadt vertreiben lassen. Bereits den vierten Tag in Folge flogen rund um den Tahrir-Platz Steine. Nach Angaben von Augenzeugen lieferte sich ein harter Kern von rund 400 Demonstranten Straßenschlachten mit der Ordnungspolizei. In den letzten Tagen wurden mindestens vierzehn Menschen getötet und mehr als 500 verletzt.
Ban sei "sehr besorgt über die Rückkehr der Gewalt", lies er in der Nacht zum Montag (19.12.2011) über seinen Sprecher bekannt geben. Er sei alarmiert angesichts der überzogenen Gewalt, die Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten anwendeten und ermahnte die Übergangsregierung, mit Zurückhaltung zu handeln. Man müsse noch immer die Menschenrechte wahren, einschließlich des Rechts auf friedlichen Protest.
Clinton, Ashton und Westerwelle alarmiert
Auch US-Außenministerin Hillary Clinton hat ein Ende des gewaltsamen Vorgehens der ägyptischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten angemahnt. Sie forderte die ägyptischen Behörden in der in Washington verbreiteten Erklärung auf, alle Verstöße gegen die Menschenrechte zu ahnden.
Ähnlich äußerten sich die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Auch sie riefen beide Seiten zu einem Ende der Gewalt auf. "Gesetz und Ordnung müssen unter Wahrung der Menschenrechte wiederhergestellt werden", forderte die EU-Chef-Diplomatin. Sie verlangte außerdem, dass die Vorfälle von einer unabhängigen Instanz untersucht werden.
Militärrat verteidigt Vorgehen
Der Militärrat wies jegliche Kritik zurück. Die Krawalle seien eine Art Verschwörung gegen die ägyptische Führung. Die Soldaten hätten das Recht, das Eigentum des Volkes zu schützen. Auch am Sonntag hatten sich wieder Aktivisten und Behörden heftige Kämpfe geliefert. Beide Seiten schieben sich die Schuld zu. Die Proteste der Aktivisten richten sich in erster Linie gegen die amtierende Übergangsregierung von Kamal al-Gansuri, der bereits unter dem verhassten Ex-Präsidenten Husni Mubarak arbeitete. So fordern die Demonstranten auch Al-Gansuris Ablösung und einen raschen Wechsel zu einer Zivilregierung.
Al-Gansuri hatte den Tahrir-Platz räumen lassen und wichtige Straßen gesperrt. Die Demonstranten sollten so daran gehindert werden, zum Kabinettsgebäude zurückzukehren, vor dem sie bereits seit Wochen ausharrten. Al-Gansuri hatte die Demonstranten zu Konterrevolutionären erklärt. Vor der Presse in Kairo sagte er: "Was heute auf den Straßen passiert, ist keine Revolution."
Wahlen in unruhigen Zeiten
Ban machte außerdem darauf aufmerksam, dass es wichtig sei "eine Atmosphäre der Ruhe" zu haben, "um den Wahlprozess zu unterstützen. Nach der nun abgehaltenen zweiten Wahlrunde sind die Islamisten wohl erneut stärkste Kraft geworden.
Am 28. November hatten die Parlamentswahlen begonnen, die in den 27 Provinzen an insgesamt zwölf Tagen stattfinden. In neun Provinzen ist für den kommenden Mittwoch und Donnerstag eine Stichwahl geplant. Das Endergebnis der Wahl soll am 13. Januar vorliegen.
Autorin: Nicole Scherschun (rtr, dpa, afp, dapd)
Redaktion: Annamaria Sigrist