Ban vergleicht Aleppo mit Ruanda
4. August 2012Die Vollversammlung der UN rügte in ihrer neuen Resolution den Sicherheitsrat, der zu wenig getan habe. Angeprangert wurde zugleich das blutige Vorgehen der syrischen Regierung gegen ihre eigene Bevölkerung.
Der "erste Schritt zur Beilegung der Gewalt muss von den syrischen Behörden ausgehen", hieß es in der am Freitag mit großer Mehrheit verabschiedeten Resolution. Die Regierung in Damaskus wurde aufgerufen, Chemie- und Biowaffenbestände unter Verschluss zu halten. Verurteilt wurden zudem Angriffe syrischer Truppen, Milizen und Geheimdienstler auf Kinder sowie der zunehmende Einsatz schwerer Waffen wie Panzer und Helikopter. Der Text beklagte zudem das "Unvermögen des Sicherheitsrats", in dem Konflikt einzugreifen.
Die Resolution wurde von 133 der 193 UN-Mitgliedsstaaten angenommen, zwölf Länder sprachen sich dagegen aus, 31 enthielten sich. Die von arabischen Staaten eingebrachte Vorlage hatte ursprünglich eine Rücktrittsforderung an den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sowie einen Aufruf zu Sanktionen gegen Damaskus enthalten. Diese beiden zentralen Punkte wurden jedoch nach Bedenken Moskaus und Pekings fallen gelassen. China und Russland haben auch im Sicherheitsrat rechtlich bindende Resolutionen gegen die syrische Regierung mit ihrem Veto als ständiges Mitglied blockiert.
Vor der Abtimmung hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Vollversammlung an das jüngste Aufflammen der Gewalt in Aleppo erinnert. Dabei zog er Parallelen zwischen dem Versagen der internationalen Gemeinschaft im Fall Syrien und dem damaligen Unvermögen, Menschen vor den Völkermorden auf dem Balkan in Srebrenica und in Ruanda zu schützen. Syrien sei für die UN ein neuer "Testfall" und er hoffe, dass man diesmal nicht durchfalle, so Ban in New York.
Westerwelle begrüßt Resolution
Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte die Verabschiedung der Resolution. Die internationale Gemeinschaft sei nicht bereit, zu der Gewalt in Syrien und dem Krieg des Assad-Regimes gegen sein eigenes Volk zu schweigen, erklärte der FDP-Politiker. Gleichzeitig sei die große Mehrheit in der Vollversammlung für die Resolution ein starker Appell an den Sicherheitsrat, in der Syrien-Frage endlich geschlossen gegen die Gewalt zu handeln und den Beginn eines politischen Prozesses zu forcieren. Die Regierung von Präsident Assad habe die Kontrolle über Teile des Landes verloren, betonte der Bundesaußenminister. Er rief zudem die Opposition in Syrien dazu auf, "dringend zu größerer Einheit zu finden".
Der syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari reagierte auf die Resolution dagegen mit Verärgerung. Die Abstimmung sei "ein Theaterstück" gewesen, sagte er vor Journalisten.
Am Donnerstag erst hatte die internationale Syrien-Diplomatie einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen. Wegen der Zerwürfnisse innerhalb des UN-Sicherheitsrates hatte der Sondergesandte der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Kofi Annan, seinen Rücktritt eingereicht. Hier bemüht sich die Weltgemeinschaft nun um eine schnelle Regelung. Als möglicher Nachfolger wird in New York der ehemalige finnische Präsident Mahti Ahtisaari gehandelt. Der sozialdemokratische Politiker ist für seine Bemühungen um die Lösung verschiedener internationaler Konflikte bereits mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.
ml/jh/sc (dpa, dapd, rtr, AFP)