Barroso für große EU-Erweiterung
23. Oktober 2013"Langfristig werden wir die Balkan-Länder aufnehmen, wenn sie die Voraussetzungen und Kriterien erfüllen", sagte der Chef der EU-Kommission, José Manuel Barroso, der "Bild"-Zeitung. Der konservative Politiker aus Portugal wies daraufhin, dass viele der Balkan-Länder noch vor wenigen Jahren Krieg gegeneinander geführt hätten. "Der EU-Beitritt gibt ihnen eine Perspektive und ist ein wichtiger Hebel zu Befriedung der Region."
Kroatien als jüngstes EU-Mitglied unter den Balkan-Staaten wurde am 1. Juli in die Union aufgenommen. Serbien ist seit März 2012 Beitrittskandidat, wartet aber noch auf den Beginn der Verhandlungen. Dafür müsste es klare Fortschritte bei der Überwindung des Konflikts mit dem Kosovo geben. Mit Montenegro wurden Beitrittsverhandlungen begonnen, bis zu einem Beitritt können aber noch Jahre vergehen. Mit Mazedonien, das seit 2005 den Kandidatenstatus hat, wurden wegen des Namensstreits mit Griechenland noch keine Gespräche begonnen. Auch das Kosovo, Bosnien-Herzegowina und Albanien gelten als mögliche Beitrittskandidaten.
Barroso brach auch eine Lanze für die mögliche Aufnahme der Türkei in die EU. Die Türkei sei "ein großes, wirtschaftlich und geopolitisch wichtiges Land", dessen Reformprozess im EU-Interesse sei.
Allerdings sei klar, dass eine Aufnahme nur dann möglich sei, "wenn die Türkei alle Voraussetzungen erfüllt", so Barroso weitrer. "Letzten Endes müssen alle Mitgliedstaaten zustimmen. Das wird wohl noch einige Zeit dauern", sagte Barroso in dem "Bild"-Interview. Die EU-Staaten hatten am Dienstag erstmals seit drei Jahren für die Eröffnung eines weiteren Kapitels in den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gestimmt. Die 2005 begonnenen Gespräche verlaufen schleppend. Insbesondere in Deutschland und Österreich gibt es Widerstände gegen einen EU-Beitritt der Türkei.
Vehement wies Barroso Vorwürfe zurück, es gebe in der EU zu viel Bürokratie und Regelungswut. Die Kommission sei nicht "die Wurzel allen Übels" in Europa. Der Vorwurf der Überregulierung sei "ungerechtfertigt". Natürlich würden Fehler gemacht. Aber viele EU-Regeln würden von den Regierungen einzelner Länder selbst angeregt oder massiv gefordert. "Sie treten auch nur in Kraft, wenn die Länder und das Parlament zustimmen", betonte der Kommissionspräsident.
wl/ml (dpa, afp)