Bauboom dank Schuldenkrise
11. März 2013In München, wo Laura Lammel ihre Firma hat, gibt es kaum noch Platz für Neubauten. Also stocken die Eigentümer auf, sanieren Dachstühle oder wagen sich an die lange vernachlässigte Tiefgarage. "Die Leute kommen wieder darauf zurück, dass ein Grundstück Gold wert ist", sagt Laura Lammel. Kurzfristig geht schon lange nichts mehr.
Volle Auftragsbücher und Engpässe
Von der Flucht ins sogenannte Betongold profitieren derzeit viele Bauunternehmer. So wie Rainer W. Markgraf, der im Hochbau als Generalunternehmer tätig ist: "Es wird enorm viel gebaut. Das ist insgesamt für die Konjunktur und für den Bau gut." Doch die hohe Nachfrage sieht er nicht nur positiv. Im praktischen Tagesgeschäft stocke es nämlich neuerdings. "Wir stellen fest: Lieferzeiten sind länger, Nachunternehmer sind schwerer zu finden, weil auch bei denen die Auftragsbücher voll sind. Und damit werden konkrete Zusagen für uns schwieriger."
Unterm Strich profitieren Bauunternehmer von den niedrigen Zinsen und davon, dass Eigentümer wieder in die Substanz investieren. "Wir haben im Ausbaugewerbe derzeit absolut volle Aufttragsbücher, diese Firmen arbeiten am Limit", sagt Franz-Xaver Peteranderl, Präsident der Bayerischen Baugewerbeverbände: "Wir stellen auch fest, dass wieder verstärkt in den Mehrfamilienhausbau investiert wird. Es ist eine erfreuliche Tendenz, dass die institutionellen Anleger wieder mehr in den Wohnungsbau gehen. Das ist dringend erforderlich, weil wir viel zu wenig Wohnungen in Ballungszentren wie München haben."
Auf dem Bau fehlen Fachkräfte
Doch obwohl die Geschäfte gut laufen, will kaum noch jemand die Jobs auf dem Bau machen. Dabei spielen auch die Löhne eine Rolle. Ein Aufreger ist das Lohndumping, also wenn sich Mitbewerber um einen Auftrag so lange bei den Preisen unterbieten, dass es zu Lasten der Löhne ihrer Angestellten geht. Laura Lammel sagt, sie erlebt dieses Vorgehen immer öfter: "Wenn die Angebote besonders niedrig sind, dann kann man schon auf einiges schließen. Die Baustoffe kosten überall gleich - also sparen sie am Lohn."
Fachkräftemangel ist auch für Laura Lammel ein Dauerthema. Seit zwei Jahren sucht sie einen Polier, bis jetzt erfolglos. Das Handwerk speziell leide unter zu wenig Nachwuchs. Und junge Leute hätten völlig andere Vorstellungen vom Berufsleben: "Eine Baustelle ist Dreck, Schmutz, Staub – viel Verantwortung, viel muss sehr schnell laufen, viel Organisation. Also warum soll man sich dem unbedingt ausliefern, wenn man zu Hause oder im Büro einen netten Computer hat und es warm ist?"
Faire Löhne
Laura Lammel ist seit 2001 im Geschäft. Beton-Fundamente und Tiefgaragen sind ihr Spezialgebiet. Die 39-jährige hat das Unternehmen von ihrem Vater übernommen und die große Baukrise Ende der neunziger Jahre miterlebt. Damals hatte der Betrieb noch 120 Mitarbeiter, bald waren es nur noch acht. Heute hat sie die Mitarbeiterzahl wieder auf 16 erhöht.
"Über die Jahre wächst man in diese Position rein“, sagt die Bauunternehmerin. "Man muss die Sprache der Leute beherrschen. Es ist eine sehr klare Sprache. Wenn man den Mut hat, auch mal ins Risko zu gehen und Verantwortung zu übernehmen, dann ist es eine wahnsinnig spannende Branche." Dabei achte sie auf korrekte Bezahlung ihrer Angestellten - und stehe in der Tradition ihres Großvaters, der die Baufirma gegründet hat.