Beethovenfest Bonn rückt Natur in den Blickpunkt
28. April 2023Gäbe es einen Preis für den ungewöhnlichen Ort der Pressekonferenz, hätte das Beethovenfest Bonn sicher gute Chancen, ihn zu gewinnen: Die Vorstellung der Festspielsaison 2023 fand mitten im Waldstatt, und zwar in einem Naturschutzgebiet am Rande der Beethovenstadt.
Hier wurde der Öffentlichkeit die Vielfalt des diesjährigen Festivalprogramms präsentiert – eingeläutet von einer Partita von Johann Sebastian Bach in der Interpretation der Starcellistin und Klimaaktivistin Tanja Tetzlaff, und durchgehend begleitet von Vogelgezwitscher.
"Musik über Leben" und Leben als Musik
"Dass es überhaupt Leben auf diesem Planeten gibt und wie es in allen Formen und Farben um sich greift, ist ein viel zu wenig gefeiertes Wunder", so Steven Walter, Intendant des Beethovenfestes. Die Eigenschaft des Menschen, das Leben zu verstehen, zu besingen und sich anzueignen, unter anderem und vielleicht vor allem durch die Musik, sei, so Walter, "ein zusätzlich wundersamer Vorgang". Das hätte auch Ludwig van Beethoven mit Sicherheit so unterschrieben, nicht zufällig erklären die Ökoaktivisten von heute den Autor der "Pastorale" zu ihrem Vorgänger und Mitstreiter.
Mit dem Programm des Jahres 2023 präsentieren Steven Walter und sein Team die zweite Ausgabe ihrer Vision des Beethovenfestes.
"Die drei ersten Festivals unter meiner Intendanz beschäftigen sich mit drei sehr großen Gesellschaftsthemen", so Steven Walter gegenüber DW am Rande der Pressekonferenz. "2022 ging es unter dem Motto ‘Alle Menschen‘ um Vielfalt, Diversität und die Frage, wie wir als Beethovenfest die demografische Vielfalt abbilden können. Nächstes Jahr, 2024, widmen wir uns dem Thema ‘Demokratie‘. Und dieses Jahr geht es unter dem Motto ‘Über Leben‘ um Nachhaltigkeit und das Verhältnis des Menschen zur Natur, wie es war und wie es ist." Das Beethovenfest Bonn 2023 wolle die Grundlagen des Lebens und die Bedingungen des Überlebens befragen – vor allem aber wolle es das Lebendige feiern, so Walter.
Gefeiert wird vom 31. August bis zum 24. September in Bonn und Umgebung mit insgesamt 94 Konzerten und anderen Veranstaltungen an 31 zum Teil durchaus ausgefallenen Spielorten wie alte Fabrikhallen, Burgen und Kursäle. Das Programm ist geprägt von großer Sinfonik, es spielen bedeutende europäische Orchester wie das Tonhalle-Orchester Zürich oder das Sinfonieorchester Berlin, aber auch viel Junges und Experimentelles ist dabei, etwa beim Campus-Projekt, dass das Beethovenfest und die DW als Gesellschafterin und Medienpartnerin des Festivals seit über 20 Jahren gemeinsam ausrichten.
Campus: Afghanistan und Iran
Dieses Jahr stehen Musikerinnen aus Afghanistan und Iran im Mittelpunkt – was dem Motto des Beethovenfestes "Über Leben" eine weitere Bedeutungsebene verleiht.
Wer aus Afghanistan und dem Iran kommt, der weiß was es bedeutet, täglich um Menschenrechte, um Würde und das Überleben kämpfen zu müssen wie etwa die Musikerinnen des afghanischen Frauenorchesters "Zohra" und andere Mitglieder des Afghanistan National Institute of Music (ANIM), die nach der Flucht vor Taliban im Exil in Portugal leben und musizieren. Gemeinsam mit Studentinnen und Studenten der Barenboim-Said-Akademie und Musiker und Musikerinnen des Bundesjungendorchesters entwickeln sie ein Programm unter der Leitung der deutsch-iranischen Komponistin und Dirigentin Cymin Samawatie.
"Wir sind überzeugt: So viel Internationalität hätte auch Beethoven auf jeden Fall spannend gefunden", meint Intendant Walter gegenüber der DW. "Campus war und bleibt ein ganz wichtiges zentrales Projekt in unserem Programm, denn es geht um große humanistische Fragen, wie sie auch Beethoven gestellt hat."
Das große Campus-Konzert findet am 14. September in der Aula der Universität Bonn statt.